Ramsauer: Das Chaos hat einen Namen
Bundesverkehrsminister Ramsauer tut alles, um die Vorbehalte gegen sich zu untermauern.
Peter Ramsauer, 56 Jahre, CSU-Mitglied. Viel mehr gibt es über ihn eigentlich nicht zu sagen. Was genau ihn als Bundesverkehrsminister befähigen soll, darüber rätseln die Gelehrten. Bis heute.
Ramsauer kam 2009 mit der schwarz-gelben Koalition als Notnagel ins Amt. Schlicht dem Umstand geschuldet, daß die CSU noch ein Ministeramt für sich beanspruchte, gleichzeitig aber keinen geeigneten Kandidaten präsentieren konnte. So kam Ramsauer zum Amt des Verkehrsminster wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Nachwuchs.
Er folgte damit seinen Parteikollegen Seehofer und Glos ins Zentrum der Macht nach Berlin. Zwar nicht direkt in deren exÄmter aber in deren Ansehen. So wurden Horst Seehofer (Verbraucher- u. Landwirtschaftsminister bis Oktober 2008) und Michael Glos (Wirtschaftsminister bis Februar 2009) mit den Attributen inkompetent, undynamisch und beratungsresistent beschrieben. Vorallem Glos war als Wirtschaftsminister die totale Fehlbesetzung und warf am Ende freiwillig das Handtuch. Im Bundeswirtschaftsministerium war er nie richtig angekommen. Spötter behauten gar, Glos würde noch immer ziellos durch Berlin irren und das Ministeriumsgebäude suchen.
Zurück zu Ramsauer. Auch vom dem hört man eher wenig. Und wenn er ausnahmsweise mal Neues verkündet, dann ist das meistens unausgegorener Mist. So spielte sich Ramsauer im April 2010 als Kommunen-Retter auf und sorgte für reichlich Verwirrung bei Autofahrern und Ordnungskräften. Hintergrund war die Verkehrsschilder-Novelle, die im April inkraft treten sollte. Nach der hätten über 140 Schilder-Typen neu gestaltet werden müssen. Die alten Verkehrsschilder wären auf einen Schlag ungültig geworden. Die Kommunen hätten alle alten gegen neue Schilder austauschen müssen, denn nach der Novelle wären die alten Schilder nicht mehr gültig und müßten daher auch nicht mehr beachtet werden. Der Austausch der Schilder hätte einen riesigen Aufwand und Kosten in Millionenhöhe für die Kommunen bedeutet.
Doch dann kam Ramsauer und wischte die Verkehrsschilder-Novelle mit einer Presseerklärung vom Tisch. Die Novelle müßte überarbeitet werde und würde erstmal nicht gelten. Die alten Schilder würden weiter gelten, so der Minister.
So weit, so schlecht, denn so einfach kann Ramsauer die Novelle rechtlich gar nicht außer Kraft setzen. Und deshalb ist selbst bei Experten nicht mehr klar, welche Verkehrsschilder denn nun gelten. Die alten? Die neuen? Oder beide? Oder keine? Da ist sich Ramsauer selbst nicht ganz sicher und so forderte er die Autofahrer auf, nicht „die Gerichtsbarkeit mit einer Klageflut zu überziehen“.
Mehr Chaos konnte Klein Peter gar nicht anrichten. Die Gerichte werden nun im Einzelfall zu klären haben, ob ein Schild gilt oder nicht.
Auch bei Stuttgart 21 glänzte Ramsauer in seiner ihm eigenen Art. So rüffelte der Bundesrechnungshof (BRH) den Minister, als dieser vor dem Parlament behauptete die Finanzierung des ImmobilienProjekts Stuttgart 21 sei vom BRH geprüft worden und der BRH hätte sein Einvernehmen zu den Finanzierungsverträgen erklärt.
Das Gegenteil ist der Fall: Der BRH hat mehrfach vor den Risiken und den hohen Kosten gewarnt.
Die Winterreifen-Verordnung
Doch ein, zwei Waterloos können Ramsauer nicht aufhalten. So kam in der letzten Woche der nächste Schnellschuß aus dem Verkehrsministerium: Die Winterreifen-Verordnung.
Peter wollte damit, Zitat: „mehr Profil zeigen“. Wie witzig. Lachen kann darüber nur die Reifenindustrie, die jetzt in den Genuß eines gigantischen Konjunkturprogramms kommt. Den Autofahrern und selbst den Reifenhändlern vor Ort ist das Lachen aber vergangen.
Ramsauer hat die Änderung der STVO, nach der nun bei „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- und Reifglätte“ eine Winterreifenpflicht besteht und bei Nichtbeachtung Bußgelder und Punkte drohen, innerhalb einer Woche durchgezogen. Wenn die Änderung voraussichtlich noch diese Woche im Bundesgesetzblatt erscheint, dann haben alle Fahrer ohne Winterreifen ein Problem. Weder können die Reifenhändler auf einen Schlag diese enorme Nachfrage befriedigen, noch haben alle Autofahrer die notwendigen finanziellen Mittel eingeplant. Von 1-EUR-Jobbern mal ganz abgesehen, denn die können nun ihre Jobs vergessen, weil es schlicht nicht wirtschaftlich ist, erst für 400 EUR neue Winterreifen aufzuziehen, um dann einen 1-EUR-Job zu machen.
Und selbst wenn es sich die Autohalter so kurz vorm Weihnachtsfest leisten können, sich selbst neue Reifen unter den Weihnachtsbaum zu legen, dann gibt es neben der schlechten Lieferfähigkeit immer noch ein Problem: Welcher Reifen soll es denn sein?
Ramsauer ließ als geeigneten Reifentyp „M+S“-Reifen in die STVO schreiben und zeigte damit mal wieder seine Inkompetenz. Das Zeichen „M+S“ ist nicht geschützt und sagt nichts über spezielle Eigenschaften des Reifens aus. Jeder Hersteller kann das „M+S“ auf seine Reifen drucken, ganz wie ihm beliebt. Im Zweifel auch auf Sommerreifen.
Und genau das passiert auch. So rüstet z.B. Toyota seine RAV4 mit Reifen aus, die ein „M+S“ Aufdruck haben. Doch handelt es sich bei diesen Erstausrüsterreifen um Sommerreifen. M+S steht hier mehr für deren Offroad-Eignung. Und auch auf einigen asiatischen Billigreifen prangt das „M+S“-Zeichen. Ob diese wirklich als Winterreifen taugen, darf bezweifelt werden.
Das „M+S“-Zeichen sagt also gar nichts über die Eignung eines Reifens als Winterreifen aus. Und bei einigen Ganzjahresreifen, die in der neuen STVO als ebenfalls geeignet beschrieben werden, fehlt der Aufdruck „M+S“ gänzlich. Die Nutzer solcher Ganzjahresreifen dürften damit bei einer Kontrolle schlechte Karten haben.
Peter Ramsauer hat es also mal wieder geschafft: Mit kleinstem Aufwand größtes Chaos schaffen. Toll. Dieser Minister muß selbst dringend auf Eignung geprüft werden.
Interessant dürfte in diesem Zusammenhang sein, wie das US-Außenministerium den Bundesverkehrsminister einschätzt. Nach Bekanntwerden einiger Geheimdossiers der US-Botschaft in Berlin über deutsche Politiker kamen interessante Details ans Tageslicht. So wird Außenminister Westerwelle von den Amis als inkompetent und launisch beschrieben, Merkel wird als Teflon-Angela bezeichnet und zu Entwicklungsminister Niebel fehlten den Amis schlicht die Worte. Was wohl im Dossier über Ramsauer steht?
Nachtrag (10.12.2010): Hier eine zusammenfassende rechtliche Betrachtung der Ramsauerschen Verordnung und die Zustimmung zur Notwendigkeit der Klärung von offenen Fragen durch die Gerichte.
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Es geht nicht um irgendeine Stimmungsmache, sondern darum, die suboptimale Amtsführung des Verkehrsministers aufzudecken.
Und eine „allgemeine Winterreifenpflicht“ gibt es schon gar nicht. Denn es ist ja gerade so, daß Winterreifen nicht zur Sicherheit beitragen, wenn gar kein Schnee liegt.
Durch den gegenüber einem Sommerreifen viel längeren Bremsweg bei nasser und trockener Straße (kein Schnee, auch das soll es im kalendarischen Winter in Weiten Teilen Deutschlands geben) ist der Winterreifen in dem Fall eindeutig die schlechtere Wahl. Das ist alles spätestens nach Aufdeckung der 7-Grad-Lüge der Reifenindustrie eigentlich jedem bekannt.
Wie kann man nur Stimmung gegen eien allgemeine Winterreifenpflicht machen? Alles was zur Sicherheit auf den Straßen beiträgt, sollte auch durchgesetzt werden. Zu viel Geld kann das gar nicht kosten…
Ich würde ihn „Interviewminister“ taufen.
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