Ruhe sanft ebay

Am Anfang war eine klasse Idee: Warum alte Sachen zum Flohmarkt schleppen, wenn man doch im Internet bei weniger Aufwand viel mehr potentielle Käufer erreichen kann?
Alles lief super, die Verkäufer waren zufrieden und man konnte als Käufer sogar richtige Schnäppchen machen. Einige Auktionsportale kämpften mit immer mehr Service um die Anwender, man denke nur an ricardo oder alando. Das war vor 10 Jahren.

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Dann kam ebay. Der Konzern kaufte einen Konkurrenten nach dem anderen auf oder verdrängte die übriggebliebenen erfolgreich vom Markt. Kunden-Service war nicht das Hauptaugenmerk von ebay. Stattdessen nervte man die Anwender mit immer höheren Gebühren und immer gleichen Textbausteinen. Die Arroganz des ebay „Servicecenter“ war mittlerweile sprichwörtlich. Aber der Konzern machte gute Umsätze und Gewinne. Bald war ebay das Synonym für Internetauktionen, schon aus Mangel an Alternativen.

Dann kamen die Betrüger und zockten kleine private Anbieter oder Käufer ab. Sie zahlten einfach kein Geld oder konnte die angebotenen Waren gar nicht liefern. Auch hier bestand die Hilfe von ebay im Versenden von ständig rotierenden Textbausteinen. Sonst gab man sich überheblich, schlußendlich ließ man die Kunden allein im Kampf um ihr Geld.

Dann kamen die Abmahnungen. Heuschreckengleich fielen arbeitslose oder im echten Leben zur Kundenaquise unfähige Anwälte über private und professionelle Verkäufer her und mahnten sie wegen kleinster, oft für Laien nicht nachzuvollziehender Mängel im Angebotstext ab. Bis heute ist selbst das Bundesjustizministerium nicht in der Lage, einen abmahnsicheren Text für Auktionen bereitzustellen. Ein in 2007 vom Ministerium veröffentlichter Text zog sofort neue Abmahnungen für die ebay-Verkäufer nach sich. Auf dem Schaden blieb natürlich der Verkäufer sitzen.

Dann kamen die Finanzämter. Die suchen ja bekanntlich ständig nach neuen Einahmequellen und so entdeckten sie den kleinen privaten Verkäufer, der mal eben Omas Dachboden aufräumte und daher einige (manchmal auch mehr) nicht mehr benötigte Sachen bei ebay anbot. Doch das machte ihn in den Augen der Finanzämter zum professionellen Anbieter, der somit natürlich steuerpflichtig ist. Daß die Sachen meist schon alt, gebraucht und mehrfach versteuert sind, interessiert den Fiskus natürlich nicht. Ebay schwieg dazu.

Dann kam die Ernüchterung. Die Umsätze von ebay in Deutschland begannen in 2007 zu sinken. Die Euphorie war weg. Schnäppchen waren kaum noch möglich und die hohen Gebühren und rechtlichen Unsicherheiten machten es für private Anbieter uninteressant bei ebay Artikel einzustellen. Die Angebote wurden von einigen wenigen professionellen Anbietern kontrolliert. Man stritt sich bis vor Gericht um gegenseitige Bewertungen im ebay-Bewertungssystem. Rachebewertungen waren an der Tagesordnung. Auch hier brauchte man nicht auf die Hilfe von ebay zählen.

Nun das neue Urteil eines wahrscheinlich mit den neuen Medien nicht so bewanderten Gerichts: Ein Hersteller (hier ging es um Scout) kann den Verkauf von Neuwaren bei ebay untersagen, da, so die Begründung, ebay nicht das Ambiente eines Ladengeschäftes bieten kann (oh ha!). Aber genau darum geht es doch bei einer Internetauktion. Ich will nicht das Ambiente, ich will keine schleimigen Verkäufer, die einem Ladenhüter andrehen wollen, ich will keine Ladenöffnungszeiten. Ich will mir das ersparen und dadurch sparen, denn der Verkäufer kann sich die Personal- und Ladenkosten sparen. Ist das so schwer zu verstehen!? Nun haben auch die professionellen Anbieter ein dickes Problem. Ohne Neuwaren können die ihre Aktivitäten bei ebay einstellen.

Und jetzt kommt langsam das Ende von ebay. Man versucht noch mit Gebührensenkungen(!) und einem neuen Bewertungssystem das unvermeidliche aufzuhalten, aber ich sage schon jetzt:

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Ruhe sanft ebay. Schade um die klasse Idee.

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