Die Hartz4-Diät

Als der Berliner Finanzsenator letzes Jahr mit seinen Äußerungen zur Ernährung mit der Hartz4-Pauschale unangenehm auffiel, war die Entrüstung zurecht sehr groß.

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Thilo Sarrazin heißt der Mensch und hat es offenbar zu seinem Lebensinhalt gemacht, mit dummdreisten bis zynischen Kommentaren aufzufallen. So verrante er sich zu der Behauptung, daß man sich mit 3,76 EUR am Tag „völlig gesund, wertstoffreich und vollständig“ ernähren könnte. Wohl gemerkt für 3,76 EUR am Tag, nicht pro Mahlzeit. Auch nach Protesten aus allen möglichen Richtungen nahm er nichts von seinen Provokationen zurück. Stattdessen veröffentlichte er sogar detaillierte Speisepläne für Hartz4-Empfänger. Tiefer sinken kann man als Politiker intellektuell eigentlich nicht. Daß Sarrazin der SPD angehört, macht das  alles noch viel schlimmer.

Nun haben zwei Arbeitlose versucht, aus diesem Vorgang Kapital zu schlagen und haben ein „Kochbuch für Arme“ veröffentlicht. Man muß halt jede Möglichkeit nutzen, um als Hartz4-Empfänger an Geld und Aufmerksamkeit zu kommen.
In ihrem Kochbuch versuchen sie die These von Sarrazin aufzugreifen und zu zeigen, daß man sich mit 4,40 EUR am Tag gesundes und leckeres Essen zaubern kann. Man muß nur selbst kochen und für die Zutaten auf Angebote der Discounter zurückgreifen. Dafür haben die Autoren eine exakte Preisliste der Zutaten dem Buch beigelegt. An diese Liste muß man sich stur halten, sonst kann es vorkommen, daß man schnell über die 4,40 EUR kommt. Wo man die Produkte allerdings zum angegeben Preis kaufen kann, ließen sie offen. Auch liegen sie mit ihren 4,40 EUR pro Tag immer noch 64 Cent über dem Satz von Sarrazin und haben damit nur dessen Unsinn bewiesen.

Damit steht der Hartz4-Empfänger also wieder am Anfang. Nur wenn er mehrere Stunden Zeit investieren kann und ausreichend mobil ist bzw. zentral wohnt, kann er die Suche nach dem günstigsten Preis aufnehmen. Daß es aber viele Hartz4-Empfänger gibt, die nicht die Zeit haben, z.B. wegen zu versorgender Kinder, oder nicht mobil sind, auch das würde wieder zusätzliche Kosten verursachen, läßt das Kochbuch außen vor.
Insofern mal wieder ein populistischer Schuß in den Ofen. Vielleicht sorgt der ja für ein bisschen Wärme, denn wie sagte Sarrazin zum Thema Ansteigen der Energiepreise: „Ruhig mal mit mehreren Pullovern übereinander bei 15°C in die Wohnung setzen. Das spart Energiekosten“.

Quelle: Welt

 

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