Steigende Armut in Deutschland
Der Armutsforscher Christoph Butterwegge beklagt in einem Stern-Interview die steigende Armut und hält Slums auch in Deutschland für möglich.
Obwohl laut offizieller Statistik die Armutsquote in Deutschland in letzten 10 Jahren nur um 1 Prozent gestiegen sein soll, beklagt der Armutsforscher deren drastische Zunahme. Der Grund für die „geringe Steigerung“ oder sogar offiziellen Rückgang innerhalb der letzten 5 Jahre ist nicht die zukunftsorientierte Politik der Bundesregierung, sondern ein ganz einfacher statistischer Trick: Die Armutsberechnungsgrundlage wurde von 938 EUR auf 781 EUR netto im Monat gesenkt. So rechnet man sich die tatsächliche Armut von Millionen im Land schön. Macht sich gut auf Wahlplakaten hat aber mit der Wirklichkeit nichts tun.
Als Grund für den realen Anstieg der Armut nannte Butterwegge die neoliberale Politik der letzten Jahre. Wo der Markt zügellos regieren darf, wird der soziale Staat dem Gewinn Einzelner geopfert. Wo Geld ist, kommt auch immer weiteres dazu.
Das trifft auch auf staatliche Förderungen zu. Großverdiener werden durch Steuerfreibeträge finanziell besser gestellt als der große Teil der Bevölkerung.
Auch plakative Aktionen, wie die Erhöhung des Kindergeldes um 10(!) EUR (wodurch nicht mal die Inflation seit der letzten Kindergelderhöhung ausgeglichen wird) oder des Wohngeldes, ändern daran nichts. Und viele Gaben des Staates, wie etwa das erhöhte Schulbedarfs-Geld, wird den Empfängern von Hartz4 vom Regelsatz wieder abgezogen, s0 daß manche Hartz4-Kinder dadurch im Endeffekt weniger Geld als vorher zur Verfügung haben.
Als Ausweg aus der Spirale des sozialen Abstiegs nannte der Armutsforscher drei Schlüsselforderungen:
- Gesetzlicher Mindestlohn, wie es ihn in 20 Ländern in Europa bereits gibt
- Soziale Grundsicherung von 450 EUR zzgl. Miet- und Heizkosten (Frau Merkel ist immer noch der Meinung, daß bereits heute schon die vollen Energiekosten von Hartz4 abgedeckt sind. Nur stimmen tut das nicht!)
- Zur Finanzierung dessen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer auf große Vermögen
Es liegt am Wähler im Herbst bei der Bundestagswahl, welchen Weg Deutschland weiter gehen wird. Sollte tatsächlich eine schwarz-gelbe Koalition unter Merkel/Westerwelle an die Macht kommen, dann dürften sich die Gegensätze in diesem Land noch weiter verschärfen. Der „kleine Mann“ wird dann mit voller Wucht die Auswirkungen der Finanzkrise spüren und darf die Sanierung der Banken durch Kürzung seiner Sozialleistungen bezahlen. „Slums könnten dann auch in Deutschland zur Normalität werden.“
Daß es allerdings zu sozialen Unruhen kommen wird, sieht der Armutsforscher nicht. „Die Deutschen neigen zur Friedhofsruhe und werden eher der Politik den Rücken kehren.“
Besser kann es für rechtsradikale Parteien gar nicht laufen.
Quelle: Stern
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Armut ist eine Vergleichs-Sache. Versuchen Sie einfach das Einkommen mit armen Ländern vergleichen… und schon geht es Ihnen besser.
@oliver: „Tolles“ Argument. Leider total sinnfrei.
Es wird immer Gegenden auf diesem Globus geben, in denen es den Menschen immer noch schlechter geht als in der Gegend davor. Leider.
Doch das ist kein Maßstab für die steigende, reale Armut in Deutschland.
… der Begriff ‚Armut‘ kann ja nur existieren wenn man mind. 2 Einheiten zu vergleichen hat. Zwei Länder, zwei Familien u.s.w
oder
@oliver: Armut bezeichnet primär den Mangel an lebenswichtigen Gütern, wie z.B. Nahrung, Obdach oder Kleidung (Wikipedia). Für all diese Sachen braucht man Geld, um die Preise, die in dem Land gelten, in dem jemand zur Zeit wohnt, bezahlen zu können.
Die Armutsberechnungsgrundlage beträgt in Deutschland zur Zeit 781 EUR netto im Monat pro Person. Für eine Familie mit zwei Kindern liegt dieser Wert bei 1.917 EUR netto im Monat (DESTATIS). Alles darunter ist bereits armutsgefährdet. Und das trifft somit für fast alle Hartz4-Empfänger zu.
Man kann also nicht zwei Länder vergleichen. Sondern muß die jeweiligen Bedingungen vor Ort betrachten. Mit den Hartz4-Sätzen könnte man in weiten Teilen von Afrika wahrscheinlich sehr gut leben. In Deutschland dagegen hat man Schwierigkeiten, auch nur die Lebensgrundlagen bezahlen zu können. Und das ist Armut.
Wer ist eigentlich der Arme und Dumme? Derjenige der aus Hartz IV heraus mit Kindern 1.800 € für s Nichtun erhält oder derjenige der arbeiten geht (somit Harzt IV mitfinanziert) und aufgrund der vielen Abgaben nur 1.400 € verdient?
Dieses Gesülze über die angeblich armen Hartz IV Empfänger geht mir auf den Geist!
@Manfred: Ganz einfach: Derjenige, der es zulässt, daß eine neoliberale Regierung dafür sorgt, daß der Billiglohnsektor immer weiter ausgeweitet wird und daß selbst Leute, die einer regulären Arbeit nachgehen, ihr Gehalt mit Hartz4 aufstocken müssen, damit sie nicht verhungern aber der Arbeitgeber seine Lohnausgaben auf Kosten der Steuerzahler drücken kann. Mindestlohn ist hier DIE Lösung.
Und übrigens: Niemand, der arbeiten geht, hat insgesamt weniger Einkommen als ein Hartz4-Empfänger. Er muß nur seine -trotz Schwarz-Gelb noch bestehenden- Ansprüche, wie Wohngeld und andere, nutzen.
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