Digitaler Radiergummi
Bundesinnenminister bei „Jugend forscht“.
Die Zeit des Staunens der Berliner Politik über das neue Medium Internet sei nun vorbei, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in einer Rede im Deutschen Technikmuseum in Berlin.
Die Politik hat das Phänomen Internet erst ignoriert, dann bestaunt und teils zu zögernd, teils zu forsch gehandelt.
Deshalb hat sich de Maizière nun mal umfassend mit dem Thema Internet beschäftigt. Herausgekommen ist dabei u.a. eine neue Erfindung: Der digitale Radiergummi. Damit hätte er ernsthaft Chancen auf einen der ersten Plätze bei „Jugend forscht“.
Bemerkenswert am „Radiergummi“ ist vorallem die krampfhafte Suche nach einem Begriff aus der Offlinewelt. Sollten die Internetausdrucker aus den Reihen der CDU doch noch nicht über das Staunen hinaus sein?
Innenminister de Maizière fordert in seiner Grundsatzrede die Einführung des Wundertools. Mit diesem digitalem Radiergummi sollen in Zukunft Inhalte gezielt und dauerhaft aus dem Internet gelöscht werden.
Umso wichtiger wäre es, dem Internet in Zukunft in bestimmten Bereichen das Vergessen oder zumindest das Nichtwiederfinden beizubringen.
Ob de Maizière damit die Erinnerung an die schlechteste Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, nämlich die schwarz-gelbe unter Merkel und Westerwelle, für kommende Zeiten im Netz tilgen will oder was genau er damit bezwecken will, bleibt vorerst sein Geheimnis. Sonst ist de Maizière ja eher ein Anhänger der fanatischen Überwachung und Protokollierung. Mit seinen Ansichten zum Umgang mit persönlichen Daten und das speziell im Internet steht er seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble in nichts nach.
Zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gehöre auch das Recht, Informationen über sich und andere zu verarbeiten. Ein solches „Recht auf persönliche Datenverarbeitung“ könne aber mit den Freiheiten anderer kollidieren und müsse dann zu einem Interessenausgleich gebracht werden.
Der Staat bestimmt also, wie weit die Freiheit des Einzelnen zu gehen hat. Das ist Schäuble 2.0 nur mit dem Unterschied, daß de Maizière im Gegensatz zu Lautsprecher Schäuble kein richtiges Feindbild abgibt. De Maizière ist eher ein Freund der leisen Töne und der Hinterzimmerpolitik und diesen Politikstil konnte er in seiner Zeit als Chef des Bundeskanzleramts noch perfektionieren. Das macht ihn um so gefährlicher.
Auch vom Thema Internetsperren will de Maizière nicht lassen.
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, das Löschen deutlich in den Vordergrund zu rücken. Ich habe daher mit dem BKA ein Maßnahmenbündel geschnürt, um das Löschen von Kinderpornografie gerade im Ausland zu verbessern und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Konsumenten stärker zu verfolgen.
Das „Löschen in den Vordergrund zu rücken“ heißt nichts anderes, als die geplanten und in Gesetzesform gebrachten Internetsperren trotzdem anzuwenden.
Auch wenn das Internetsperrengesetz zur Zeit nicht nicht angewendet wird, so ist es doch formal in Kraft. Und diese Zurückhaltung läuft im nächsten Jahr ab. Sollte die schwarz-gelbe Koalition dann noch im Amt sein, das Abschneiden des CDU-Kandidaten Wulff bei der Bundespräsidentenwahl am 30. Juni wird den weiteren Bestand dieser Koalition maßgeblich beeinflussen, wird das Innenministerium alles unternehmen, um die Internetsperren doch noch zu aktivieren. Die technischen Voraussetzungen dafür sind ja bereits auf Kosten der Provider geschaffen wurden.
Man wird also aufpassen müssen auf diesen Innenminister, der die gleichen Ansichten, Argumente und politischen Ziele wie sein Vorgänger hat.
Auf e-konsultation.de kann man dem Minister mitteilen, was man von seinen Thesen zur Netzpolitik hält.
Quellen: Handelsblatt, netzpolitik
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