Ist Gauck der richtige Kandidat?
Die Stimmen mehren sich, die Gauck für nicht geeignet halten.
Nach dem sich der Staub rund um den Rücktritt von Wulff, um den kümmert sich nun die Staatsanwaltschaft Hannover, und die unwürdige Kandidatenkür für die nun anstehende Bundesversammlung gelegt hat, wird der Blick wieder etwas klarer und man kann sich einmal näher damit beschäftigen, wer da eigentlich auf den Schild gehoben wurde. Der gemeinsame Kandidat von CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne, diese ungewöhnliche Parteienverbindung wird auch gern als die „Nationale Front der BRD“ verspottet, soll Joachim Gauck sein. In der Pressekonferenz, in der Merkel -mit der Faust in der Tasche- Gauck als gemeinsamen Traumpräsidenten vorstellen mußte, dazu war sie vorher von der FDP quasi gezwungen worden, wurden vorallem Gaucks Leistungen als DDR-Bürgerrechtler und als Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde gefeiert. Und genau diese Leistungen waren wohl bei weitem nicht so rosig, wie man der Öffentlichkeit glauben machen will.
Die Karriere von Gauck als „DDR-Bürgerrechtler“ begann reichlich spät. Manche sagen auch, zu spät. Erst Ende 1989, als der Kampf um die Freiheit, die Gauck so gern als Errungenschaft der Bundesrepublik Deutschland preist, längst in trockenen Tüchern schien, trat Gauck aus dem Schutz der Kirchenmauern hervor. Das sagt Hans-Jochen Tschiche, einst selbst evangelischer Pfarrer in der DDR und Gründungsmitglied des Neuen Forums. Tschiche hält Gauck nicht für einen Bürgerrechtler und schon gar nicht für einen Initiator der protestantischen Revolution. „Gauck gehört zu denen, die diese Revolution beendet haben“. Gauck sei nun „da angekommen, wo er schon immer hin wollte, im konservativen Teil der westlichen Gesellschaft, genau dem Teil der Gesellschaft, der den Markt entfesselt hat und ganze Länder in die Pleite treibt“.
Gauck war nie der Vorreiter. Weder in Friedensgruppen noch in der Kirche selbst. Er gehört weder zu den Gründungsväters der oppositionellen Gruppen noch zu den Kirchenvertretern, die ab 1987 zum Aufbruch drängten. Gauck gehörte eher zu den Bremsern dieser Bewegung. Man soll den DDR-Staat nicht unnötig reizen, war die Devise des Handelns der Kirchenoberen.
Erst Ende 1989 gelang er zum Neuen Forum und wurde Anfang 1990 über einen Listenplatz in die DDR-Volkskammer gewählt. Er war nicht Lokführer der Wende, sondern sprang noch gerade rechtzeitig auf den bereits fahrenden Zug.
Auch das Wirken von Gauck als Beauftragter für die Stasi-Unterlagen erscheint mittlerweile in einem anderen Licht. Unter Gauck waren in der Behörde viel mehr ehemalige hauptamtliche Stasimitarbeiter angestellt, als das der Öffentlichkeit bekannt war. Mehr als 50 dieser Stasi-Leute waren unter Gauck damit beschäftigt, die von der Stasi ausgegangenen Repressalien aufzuarbeiten. Ein Treppenwitz der Geschichte.
Dieser ungeheuerliche Vorgang kam erst 2006 heraus, als Marianne Birthler als Nachfolgerin von Gauck die Stasi-Unterlagen-Behörde leitete. Dabei kam auch heraus, daß die genaue Zahl der exStasi-Leute in der Behörde systematisch verschleiert wurde. Bei einer entsprechenden Anfrage der damaligen PDS (heute Linke) im Parlament wurde vorsätzlich gelogen.
Und es gibt noch weitere Schatten auf der Weste von Joachim Gauck. Da attestiert er Thilo Sarrazin, daß dieser mit der Veröffentlichung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“, in dem zum Teil ausländerfeindliche und rassistische These vertreten werden, „Mut bewiesen“ hätte. Hier er sieht im Internet eine Gefahr für das Grundgesetz. An anderer Stelle bezeichnet er die Kapitalismus-Kritik der Occupy-Bewegung, die sich gegen die Macht der Finanzindustrie stemmt, als „unsäglich albern“ und deshalb „werde die Bewegung schnell verebben“. Da spricht der Erzkonservative mit Glauben an den allmächtigen, sich selbst regulierenden Markt aus Gauck.
Ist so jemand als Bundespräsident geeignet? Wohl eher nicht. Und das scheint auch immer mehr Abgeordneten zu dämmern. Es mehren sich deshalb neben der Linken, die Gauck auch schon bei der letzten Bundesversammlung abgelehnt hat, die Stimmen auch in den Parteien, die Gauck nun vorgeschlagen haben, die sich bei Wahl zumindest der Stimme enthalten wollen. Man darf deshalb gespannt sein, mit welcher Mehrheit Gauck am Ende ins Schloss Bellevue gewählt wird. Denn daß er gewählt wird, das steht wohl außer Frage. Und so wird sich die Reihe der eher suboptimalen Präsidenten wohl fortsetzen.
Quellen: Tagesspiegel (1) (2) (3) (4), SZ, Wikipedia
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