10 Jahre Hartz4 – Armut per Gesetz

Am 16. August 2002 stellte die Hartz-Kommission ihren Bericht vor.

Anzeige

Im französischen Dom in Berlins Mitte übergab Peter Hartz im August 2002 den Bericht der „Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit“ an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Diesen Bericht und die darin befindlichen Ideen zum Abbau des Sozialstaates nutze Schröder zur Ausarbeitung seiner „Agenda 2010“, die er im März 2003 im Bundestag vorstellte.

Versprochen wurde die Halbierung der Arbeitslosenzahlen. Geschafft wurde zwar eine Senkung der Arbeitslosenzahl von 3,7 Mio. im Juni 2002 auf 2,8 Mio. im Juli 2012, eine Halbierung ist das aber nicht. Dafür wurde aber der Sektor der prekären Beschäftigungen, also Minijobber, Zeitarbeiter und Hartz4-Aufstocker massiv ausgeweitet. Um den drohenden Abstieg in die Grundsicherung zu verhindern, akzeptieren heute viele Arbeitnehmer unhaltbare Arbeitsverhältnisse und Gehälter. Der soziale Sprengstoff, der daraus erwächst, geht in den Jubelarien der Konservativen über den stabilen Arbeitsmarkt in Deutschland leider unter. Doch unterbezahlte Menschen werden zu unkalkulierbaren wirtschaftlichen Belastungen für die Gesellschaft in der Zukunft führen.

Mit der Zusammenlegung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe wurden einzig für die früheren Sozialhilfeempfänger Verbesserungen geschaffen. Diese waren in der Zeit vor Hartz4 tatsächlich vom Staat abgeschrieben. Nun profitieren manche von ihnen vom „Fördern und Fordern“ und werden wieder aktiv bei der Suche nach einer Beschäftigung unterstützt. Auf viele mögliche Zusatzleitungen, wie Wintergeld oder Möbelzuschuß müssen sie nun aber verzichten. Solche Dinge sind nun preussisch korrekt im Hartz4-Satz geregelt. 30,40 EUR gibt es pro Regelsatz für Schuhe und Bekleidung. Viel Spaß beim Einkaufen von Winterbekleidung für diesen Betrag.

Für die ehemaligen Bezieher von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld bedeutet Hartz4 dagegen eine immense Verschlechterung. Die ersteren erhalten viel weniger Geld als früher und die heute Arbeitslosen leben mit der ganz realen Bedrohung nach nur 12 Monaten Arbeitslosigkeit zum Sozialfall zu werden. Egal ob 2 Jahre oder 45 Jahre und egal in welcher Höhe man treu und ehrlich in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, nach einem Jahr gibt es nur noch den Hartz4-Regelsatz von 374 EUR pro Monat. Gefragt hat niemand, ob man den geänderten Versicherungsbedingungen zustimmt.

Die Gängelungen der Arbeitsagenturen haben dafür zugenommen. Wer einen „zumutbaren“ Job ablehnt, wobei das Arbeitsamt frei entscheidet, was zumutbar ist, muß mit Kürzungen der Leistungen rechnen. Die Protest- und Klagewellen gegen dieses Unrecht waren und sind beispiellos in der Geschichte der Bundesrepublik. Die allermeisten Kläger konnten sich erfolgreich gegen die Arbeitsagenturen durchsetzen. Auch das ein Zeichen.

Der soziale Status und die Fähigkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist für Hartz4-Empfänger gleich Null. Auch an diesen Folgen wird die Gesellschaft in Zukunft noch zu knabbern haben.

Als Fazit kann man die Hartz4-Gesetze als gescheitert ansehen. Trotz der auch heute noch medial geförderten Vorurteile gegen Arbeitslose, die sich auf Kosten der Gesellschaft in der sozialen Hängematte scheinbar ein schönes Leben machen, ist es auch mit den Hartz4-Gängelungen nicht gelungen, die Arbeitslosenzahlen zu halbieren. Auch mehr Druck auf Arbeitslose und das Zusammenstreichen von sozialen Leistungen können nicht zu mehr Arbeitsplätzen führen. Nur zu mehr Beschäftigung in schlechterbezahlten Jobs und zu mehr Ungerechtigkeit und Armut.
Selbst der Erfinder der Agenda 2010, Gerhard Schröder fordert heute die flächendeckende Einführung eines Mindestlohns. Diese Erkenntnis kommt zwar reichlich spät, aber je eher dieser Mindestlohn jetzt eingeführt wird, umso besser.

Daß diese Gesetze einmal von einer sozialdemokratisch-geführten Bundesregierung eingeführt werden würden, hätten sich alte Sozialdemokraten nicht vorstellen können. Das macht die SPD auch heute noch unwählbar.

 

Anzeige

Bestseller Nr. 1 bei Amazon
Deutschland 2050: Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird*
  • Kiepenheuer Witsch GmbH
  • Deutschland 2050: Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird
  • ABIS-BUCH
  • Weiss
  • Staud, Toralf (Autor)

[Letzte Aktualisierung am 2024-10-23 at 00:57 / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]