Katholik trotz des Austritts aus der Kirche?

Ist man nach einem Kirchenaustritt weiterhin Katholik?

Katholik zu sein oder sich selbst als Katholik zu bezeichnen, sollte eigentlich ein ganz privates Anliegen sein. Jeder, der meint gläubiger Christ zu sein und nach der Bibel zu leben oder sich an ihr zu orientieren, sollte sich auch als Katholik bezeichnen dürfen. Das sagt einem zumindest der gesunde Menschenverstand.

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Doch wer Katholik ist und wer nicht, das will die katholische Kirche selbst bestimmen dürfen. Deutsche Bischöfe maßen sich dieses Recht an und gehen dafür sogar bis vor höchste Gerichte. Finanziell kann man dafür ja aus dem Vollen schöpfen, zumindest noch. So wird sich in der kommenden Woche das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Frage beschäftigen müssen. Es geht um das Recht eines Gläubigen weiterhin in der Kirche bleiben zu dürfen, auch wenn er keine Kirchensteuer mehr zahlt. Die katholische Kirche in Deutschland lehnt das mit Unterstützung des Vatikans ab. Nur wer brav seine Kirchensteuer zahlt, darf auch Katholik bleiben. Zahlt er nicht, dann wird er ausgeschlossen. Und zwar komplett, so die Vorstellung der Kirche.

Streit um Kirchenaustritt

Konkret geht es in dem Verfahren um den Kirchenrechtler Hartmut Zapp. Der hatte 2007 seinen Austritt aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts erklärt und die Zahlung der Kirchensteuer eingestellt. Trotzdem bezeichnete er sich weiterhin als gläubiges Mitglied der Kirche. Das paßte dem Erzbistum Freiburg gar nicht und klagte deshalb gegen Zapp.

„Wer aus der Kirche austritt, tritt aus der Kirche aus. Es ist Quatsch anzunehmen, man könne nur aus der Organisation Kirche austreten und trotzdem katholisch bleiben.“

So die offizielle Äußerung des Sekretärs der Bischofskonferenz. Deshalb wurden früher alle, die ihren Austritt aus der Kirche erklärt haben, sofort exkommuniziert. Das wird heute etwas anders geregelt. Zunächst wird der Ausgetretene von seinem zuständigen Pfarrer kontaktiert. Dieser soll dem Abtrünnigen noch einmal ins Gewissen reden und dessen Entscheidung möglichst rückgängig machen. Erst wenn das nicht fruchtet, dann droht ihm die Kirche mit der Exkommunikation.

Kirchensteuer

Aus der Sicht der katholischen Amtskirche ist diesen Gebaren nur allzu verständlich, erwirtschaftet sie einen Großteil ihrer Einnahmen doch mit der Kirchensteuer. Da geht jedes verlorene Schäfchen direkt ins Geld. Zwar bekommen die Kirchen in Deutschland aufgrund jahrhundertealter Verträge jährlich bis zu 15 Mrd. EUR aus dem ganz normalen Steueraufkommen überwiesen, es zahlt also jeder deutsche Steuerzahler für die Amtskirchen, ob der Mitglied ist oder nicht, und diese Zahlungen will ihnen leider so schnell niemand nehmen, doch beim Geld hört die Nächstenliebe der Kirche auf. Sollte das Bundesverwaltungsgericht am kommenden Mittwoch entscheiden, daß Zapp weiterhin Mitglied der Kirche ist, auch ohne Kirchensteuer zu zahlen, dann dürfte das System der Kirchensteuer in Deutschland insgesamt ins Rutschen kommen. Das würde das Ende der Zwangsabgabe für Kirchenmitglieder bedeuten. Allein davor haben die Bischofskonferenz und der Vatikan Angst.

Wer diese Amtskirchen und ihren anmaßenden Anspruch, im Besitz der alleingültigen Wahrheit zu sein, nicht mehr mit seinem Geld unterstützen will, der sollte ganz einfach aus der Kirche austreten*. Kein Bischof dieser Welt kann bestimmen, ob man sich als Christ fühlt oder nicht. Ganz unabhängig davon, wie das Gericht am Ende entscheidet.

Quelle: Focus

achtung Update (26.09.2012): Das Gericht hat im Sinne der Kirche entschieden. Katholiken müssen Kirchensteuer zahlen, wenn sie kirchlichen Sakramente wie Kommunion oder Einsegnung bekommen wollen. Ein Teilaustritt zur Steuerersparnis ist nicht möglich. Begründet wurde das mit dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche.
Es ist nun an den Katholiken, ihr eigenes Selbstbestimmungsrecht auszuüben und der Amtskirche endgültig den Rücken zu kehren. „Pay und Pray“ ist weder zeitgemäß noch tolerierbar.

 

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