Private Vorsorge ist eine Schnapsidee

Zur Bekämpfung der Altersarmut soll die private Vorsorge ausgeweitet werden – Ein Irrweg.

Angela Merkel äußert sich im Rentenstreit. Es dauert ja bekanntermaߟen meist sehr lange, bis Merkel sich zu einem Thema auf eine Meinung festlegt und diese dann auch noch öffentlich vertritt. Beim Thema Rente hat es wieder mal gedauert. Erst durfte sich Sozialministerin von der Leyen austoben und mit unausgegorenen Konzepten, wie der Zuschussrente wochenlang die Medien und Talkshows blockieren. Der Aufschrei des Koalitionspartners FDP ließ nicht lange auf sich warten. Man werde die Zuschussrente ablehnen, so die Liberalen.
Dann legte von der Leyen nach und präsentierte erschreckende Zahlen zur Rente. Demnach werden alle, die heute unter 2.500 EUR brutto verdienen, im Alter in die Grundsicherung fallen. Das jetzige Rentensystem wäre damit meisterhaft gescheitert.
Nun kommt Merkel ins Spiel. Die ist ebenfalls gegen die Zuschussrente, will aber die private Vorsorge ausweiten. Es sollen dafür weitere Anreize geschaffen werden. Bei den Versicherungsunternehmen leuchten die Dollar-Zeichen in den Augen. Nach der Riesterrente nun wieder eine staatliche Subvention für die Branche. Mehr kann eine Bundesregierung nicht für ihre Lobby tun.

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Doch ist eine Ausweitung der privaten Vorsorge volkswirtschaftlich überhaupt sinnvoll?

Die Rente funktioniert im Gegensatz zudem, was viele Menschen glauben, nicht wie ein Sparkonto. Es ist ein leider weitverbreiteter Irrtum, daß man „in die Rente einzahlt“. Niemand zahlt in die Rente ein. Und dieses Geld wird auch nicht angelegt, auf daß es sich vermehren soll, sondern wird gleich wieder ausgegeben für die gerade lebenden Rentenempfänger. Die Jungen zahlen direkt für die Alten. Das ist der oft zitierte Generationenvertrag, bei dem bisher niemand gefragt wurde, ob er da überhaupt mitmachen will.
Weil also die jeweils Jungen für die Alten zahlen müssen, ist für die Rentner im Jahr 2030 hauptsächlich der Kapitalstock und damit die Produktionsmöglichkeiten im Jahr 2030 interessant. Eine private Vorsorge, die für mehr Erspartes sorgt, bedeutet deswegen nicht direkt einen höheren Wohlstand, denn durch private Vorsorge kommen keine zusätzlichen Ressourcen ins System der Volkswirtschaft.
Wenn man nun bedenkt, daß die Kosten einer zentralen staatlichen Rente viel geringer sind als die private Vorsorge, bei der zig verschiedene Unternehmen, Versicherungen, Fondsgesellschaften und Banken alle ihren Anteil abhaben wollen und auch schon mal durch Fehlinvestitionen das angelegte Geld verbrennen, dann ist klar, daß nur eine staatliche Vorsorge für einen größeren Kapitalstock sorgen kann.

Das sollte auch der Kanzlerin einleuchten. Die private Vorsorge ist eine Schnapsidee, die spätere Generationen mit weniger Leistungs- und Investitionsfähigkeit bezahlen müssen. Zugeben wird Merkel das natürlich nicht und schon gar nicht öffentlich. Da kann sich die Versicherungsbranche auf ihre Kanzlerin verlassen.

Quelle: Zeit

 

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2 Kommentare

  • Ich persönlich stecke – mit Anfang 30 – noch kein Geld in private Altersvorsorge. Ich sehe das so: das Geld, das ich jetzt in die Vorsorge stecke, werde ich in frühestens 30 Jahren effektiv nutzen. Wer kann schon sagen, wie die Welt in 30 Jahren aussehen wird? Gehen wir mal 30 Jahre zurück nach 1982 – Ende des kalten Krieges, DDR, kein Internet, keine EU, USA & Russland als einzige Weltmächte – in 30 Jahren können sich Wirtschaft und Gesellschaft einige male so stark verändern, dass eine so langfristige Anlage meiner Meinung nach nicht sinnvoll ist.

    Welchen Politiker von heute interessiert denn noch, ob vor 30 Jahren jemand gesagt hat „Zahlen sie bei uns ihre Rentenvorsorge ein, ihr Geld ist sicher!“. Und das wird mit den Politikern in 30 Jahren nicht anders sein.

  • Benjamin Kalb

    Stimmt, diese Bestimmung ist eine verrueckte Idee. Trotz das es seine guten Seiten hat , die zukuenftigen Generationen wuerden grosse Nachteile haben.