BA-Chef beklagt zunehmende Lohnunterschiede
Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) sorgt sich um die soziale Gerechtigkeit.
Frank-Jürgen Weise ist den allermeisten Menschen in Deutschland wohl nur bekannt, weil er in schöner Regelmäßigkeit die aktuellen Arbeitslosenzahlen vorstellt und erklärt, warum wieder nur das Wetter an der derzeitigen Lage auf dem Arbeitsmarkt schuld ist. Sonst hört man von Herrn Weise relativ wenig bis gar nichts.
Ein Ausnahme gab es, im Oktober 2010. Da stellte nicht Weise die Arbeitslosenstatistik vor, sondern Bundesarbeitsministerin Ursula von Leyen höchstpersönlich. Galt es doch ein historisches Ereignis zu feiern. Endlich stand wieder die 2 vor dem Komma. Soll heißen es waren im Oktober 2010 weniger als 3 Mio. Menschen offiziell arbeitslos.
Das ging natürlich nicht ohne statistische Tricks, denn die offizielle Zahl der Arbeitslosen sagt nichts über die Zahl der wirklich Arbeitssuchenden aus. Manche Altersgruppen, 1-EUR-Jobber oder Menschen in Weiterbildungsmaßnahmen werden einfach nicht mitgezählt. Egal, von der Leyen sonnte sich im vermeintlichen Glanz. Danach mußte wieder Weise ran.
In dieser Woche meldete sich Weise mal ganz außer der Reihe und gab der SZ ein Interview, in dem er die Mißstände auf dem Arbeitsmarkt anprangerte. „Die zunehmende Lohnungleichheit führe zu einem wachsenden Unterschied zwischen oben und unten“, so Weise. „Wer nicht genug gebildet sei, für den blieben, wenn überhaupt, nur die schlecht bezahlten Jobs“.
Weise spricht sich deshalb für Lohnuntergrenzen aus. Das böse Wort „Mindestlohn“ darf er wohl nicht sagen. Die Situation, daß Menschen arbeiten gehen, von dem Lohn aber nicht leben können und deshalb beim Jobcenter aufstocken müssen, findet Weise für die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen okay. Es dürfte aber kein Dauerzustand daraus werden. Für Weise sei es nicht hinnehmbar, daß Arbeitgeber aus dem Aufstocken ein Geschäftsmodell machen, so Weise weiter in seinem Beklagen der Zustände.
Für junge Leute wäre es heutzutage wirklich problematisch, ihr Leben zu planen. Wer ständig nur befristete Jobs hat, der kann weder Wohneigentum schaffen, ein Auto kaufen oder in die Familienplanung einsteigen. Deshalb müßte jetzt dafür gesorgt werden, daß die Beschäftigungsverhältnisse insgesamt stabiler werden. Zu oft hätten die Arbeitsagenturen Menschen in Zeitarbeit vermittelt, statt nach festen Jobs im Mittelstand oder Handwerk zu suchen. Das will Weise jetzt endlich ändern.
Der BA-Chef hat mit seinen Ausführungen und Schlußfolgerungen natürlich recht. Zeitarbeit kann nur für eine Übergangszeit funktionieren und dauerhafte Zeitarbeitsverhältnisse und Aufstocker richten großen volkswirtschaftlichen Schaden an. Deshalb muß die Agenda 2010, von der die Arbeitgeber nur den Teil des Forderns realisiert und die Löhne bundesweit durch alle Branchen gedrückt haben, endlich geändert werden. Zum Wohle aller.
Man muß sich allerdings fragen, was Herr Weise in den letzten Jahren so gemacht hat. Er ist immerhin schon seit 2004 Vorsitzender des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit. Da müssen ihm die Verwerfungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt doch schon eher aufgefallen sein.
Hat er die ganze Zeit über geschlafen? War er im Ausland? Oder hat ihn Ursula von der Leyen im Keller der Behörde in Nürnberg eingesperrt und nur zur Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen wieder ans Tageslicht gelassen?
Als Jemand, der eine Stelle sucht, sollte man vielleicht auch mal einen Blick über den Tellerrand wagen. In unseren Nachbarländern, wie Skandinavien, der Schweiz oder Österreich (z.B. Salzburg jobbörse) werden branchenabhängig zum Teil händeringend neue Mitarbeiter gesucht. Wer unabhängig aber stellensuchend ist, sollte über einen Gang ins Ausland also ernsthaft nachdenken.
Quelle: SZ
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