Der Fall der Alice Schwarzer
Bei Geld hört die Glaubwürdigkeit auf.
Alice Schwarzer hat ihre Verdienste, die sind ihr unbenommen. Und die bleiben ihr, auch wenn sie jetzt forciert ihre Selbstdemontage betreibt.
Am vergangenen Wochenende kam heraus, daß auch Alice Schwarzer Geld auf Konten in der Schweiz gebunkert und die dabei erzielten Zinsen den deutschen Steuerbehörden verschwiegen hat. Das ist Steuerhinterziehung und eine Straftat. Doch das deutsche Strafrecht meint es gut mit reichen Sündern. Entgegen dem Vorgehen bei anderen Straftaten gibt es beim Steuerstrafrecht die Möglichkeit, sich durch Selbstanzeige etwaigen Strafen zu entziehen. Man zahlt die hinterzogenen Steuern samt Zinsen und Säumniszuschlag nach (aber nur für die letzten 10 Jahre, alles andere gilt als verjährt) und bleibt sonst straffrei. Reiche haben es eben gut. Jeder kleine Ladendieb oder Schwarzfahrer erfährt dagegen bei Wiederholungstaten die volle Härte des Gesetzes.
Alice Schwarzer beschwert sich nun auf ihrer Homepage darüber, daß ihr Steuerfall publik geworden ist, daß Medien, wie der Spiegel, illegal darüber berichtet haben. Das ist ihr gutes Recht, noch gilt in Deutschland offiziell das Steuergeheimnis. Es hätte also eigentlich niemand davon erfahren dürfen, daß sie ihr Gewissen mit einer Selbstanzeige und viel Geld gewaschen hat.
Gut, daß es dennoch an die Öffentlichkeit gekommen ist. Gerade die selbsternannte Gerechtigkeitsinstitution Alice Schwarzer hat gegen Gegner und selbsterklärte Gegner immer die große Keule geschwungen. Der Fall Kachelmann, als Schwarzer sogar mit BILD eine Symbiose einging, um mit möglichst großer Reichweite ihre abstrusen Verallgemeinerungen zu diesem Fall in die Welt zu posaunen, war dafür das bisher erschütterndste Beispiel dafür, wie es Schwarzer in den letzten Jahren geschafft hat, ihr Bild als Ikone im Kampf für die Gleichberechtigung grundlegend zu zerstören.
Daß Schwarzer gerade für westdeutsche Frauen eine Vorbild- und Vorreiterrolle hatte, will niemand bestreiten. Ihre Zeitschrift EMMA hat viel für die Emanzipation der Frauen in der BRD getan. Doch spätestens seit der Wiedervereinigung verblaßt diese Rolle zusehends. Mit den emanzipierten Frauen im Osten, die Gleichberechtigung weitgehend gelebt haben und nicht in jeder Kleinigkeit im Zusammenleben von Mann und Frau die große Dialektik erkennen wollen, konnte Schwarzer nur noch wenig anfangen. So zog es sie zunehmend ins Fernsehen, in Boulevardsendungen, Talkshows oder Quizsendungen, und in die Boulevard-Printmedien. Bei BILD erschienen ihre Auslassungen zum Kachelmann-Prozess.
Und irgendwann muß sich auch ihr Blick aufs Geld verändert haben. Vor Jahrzehnten bereits, wie sie in ihrer Stellungnahme schreibt, habe sie Geld in der Schweiz geparkt, um, wenn es nötig werden sollte, bei einer Flucht aus Deutschland flüssig zu sein. Dann vergaß sie dieses Geld und auch die fälligen Steuern dafür zu zahlen. Glaubhaft ist das nicht, schon aus der Tatsache heraus, daß sie jetzt 200.000 EUR Steuern nachgezahlt hat und sich deshalb Millionen auf dem schweizer Konto befunden haben müssen. Wer kann so viel Geld einfach „vergessen“?
Auch ist bezeichnend, daß Schwarzer nur für die letzten 10 Jahre die fälligen Steuern nachgezahlt hat. Alles andere gilt als verjährt, so sieht es das Steuerrecht vor und ist insoweit auch korrekt. Auf die Idee jedoch, die hinterzogenen Steuern der Jahre vor 2003 freiwillig für einen sozialen Zweck zu spenden, kam sie nicht. Aber das ist auch eher eine Frage der Moral.
Das Bein, über das Alice Schwarzer nun gefallen ist, hat sie sich selbst gestellt. So schnell wieder sie wohl nicht wieder aufstehen.
Update (04.02.2014): Gestern Abend wurde bekannt, daß Alice Schwarzer eine Stiftung gründen will. „Diese Stiftung soll in vielen Bereichen Chancengleichheit und Menschenrechte von Frauen und Mädchen fördern“. Schwarzer gibt 1 Million Euro zum Start, zukünftig sollen auch Gewinne der Zeitschrift Emma in die Stiftung fließen.
Nach Angaben von Schwarzer sei dies schon länger geplant. Wegen der Kritik aufgrund der Steueraffäre werden die Pläne jetzt früher als geplant publik gemacht.
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