Stell dir vor, es ist CeBIT und keiner geht hin.
Das weitere Sterben der einstmals wichtigsten Computermesse der Welt.
Das waren noch Zeiten, damals Ende der 1990er Jahre. Da war der Besuch der CeBIT in Hannover ein absolutes Muß für alle IT-Firmen dieser Welt. Wer ein großer Player im IT-Sektor sein wollte, mußte alljährlich im Frühjahr in den Messehallen der niedersächsische Hauptstadt, die dann für zwei Wochen der Nabel der Welt war, seinen Stand aufbauen. Und natürlich wurden aktuelle Produkthighlights nur auf der CeBIT der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Selbst Stars und Sternchen ließen sich auf der Computermesse blicken, so auch Michael Jackson 1999.
Der Besucherstrom, der tagtäglich in Richtung Messegelände unterwegs war, glich einer Völkerwanderung. Die PKW quälten sich im Stau über den Messeschnellweg, der alles andere als schnell war. Die „Maßnahme A“ sollte für schnelleren Anfahrtsverkehr sorgen und verwirrte so manchen Autofahrer. Busse kamen aus allen Teilen der Republik und sogar aus dem nahen Ausland. Züge waren überfüllt und die eigens für die CeBIT eingesetzten Sonderzüge waren frühzeitig ausgebucht. Selbst Flüge nach Hannover zu bekommen, damals konnte man nicht so einfach über das Internet Tickets buchen, war schwierig. Und die Hotelbesitzer und Vermieter von Ferienwohnungen bekommen noch immer feuchte Augen, wenn sie an die für sie im wahrsten Sinne des Wortes goldenen Zeiten zurückdenken.
Alles vorbei. Heute ist die CeBIT ein sterbender Dinosaurier. Die Messe hat ganze Arbeit geleistet und sich selbst abgeschafft. War Anfang der 2000er Zeiten das aufkommende Internet das große Thema auf der CeBIT, haben sich jetzt alle Vorhersagen bestätigt und man bekommt seine Informationen nun tatsächlich schneller, besser und kostengünstiger aus dem Netz. Produktankündigungen und -präsentationen finden hier längst nicht mehr statt. Diese werden nun auf perfekt organisierten Hausmessen vorgestellt.
Und so präsentiert sich die CeBIT im Jahre 2015 als einfache Gewerbeschau in viel zu großen Gewändern. Der Glanz der vergangenen Jahre ist völlig verflogen und die Big-Player der IT-Branche kommen schon lange nicht mehr nach Hannover.
Wo sich früher die Massen an Besuchern in langen Schlangen erst zum Parkplatz und dann geduldig zum Eingang schoben, herrscht heute gähnende Leere. Die für die EXPO 2000 erbaute, sicherlich sauteure Fußgängerbrücke über den Messeschnellweg könnte heute locker als Parkplatz genutzt werden.
Der Verkehr erinnert mehr an einen Sonntagnachmittag. „Maßnahme A“ (wie Anfahrt) wird nicht mehr aktiviert. Was die Verkehrsbeeinflussungsanlage mit Brücken, Lichtzeichen, Schranken und Spur-Beleuchtungen und deren Unterhalt wohl mal gekostet hat?
Wo man früher mit dem Besucherstrom durch die Messehallen geschoben wurde und kaum eine Chance hatte, richtig an die Stände heranzukommen oder ein tiefgreifendes Gespräch mit echten Experten zu führen, es sein denn man hatte einen Besuchstermin vereinbart und war durch langwierige Sicherheitschecks ins Innere der Messestände gelangt, herrscht heute Platz im Überfluß und die Aussteller freuen sich über jeden Gesprächspartner.
Auch die Außenbereiche, in denen den Ausstellern in den goldenen Zeiten Gimmicks, wie Luftballons in Handy-Form u.ä. Schrott, geradezu aus den Händen gerissen wurden, erinnern heute mehr an eine schwach frequentierte Innenstadt mit Bänken und etwas Grün zum Ausruhen.
Die Besuchermassen bleiben aus. Besucherrekorde können in Hannover keine mehr gefeiert werden, und das ist offiziell auch so gewünscht von der Messegesellschaft. Die CeBIT soll eine Messe nur fürs Fachpublikum sein. Schulklassen oder private Verbraucher, die Schnäppchen sammelnd übers Messegelände ziehen, will man nicht mehr sehen.
Und um auch noch den letzten Nicht-Fachbesucher zu vertreiben, hat man wohl in diesem Jahr darauf verzichtet, sich mit dem Großraum-Verkehr Hannover (GVH) zu einigen. Deshalb gilt die CeBIT-Eintrittskarte in diesem Jahr nicht mehr als Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr. Wer das nicht beachtet, die CeBIT-Homepage weist nur versteckt auf diesen Umstand hin, der darf als Schwarzfahrer weitere 40 Euro abdrücken.
Das Sterben der CeBIT geht also ungebremst weiter. Man darf gespannt sein, wie lange sie noch durchhalten wird. Deutschland als der wichtige IT-Standort ist definitiv Geschichte.
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