Angela von Münchhausen
Die NSA/BND-Affäre könnte Merkel die Kanzlerschaft kosten.
Sie hat gelogen, soviel steht fest. Und diesmal kann sich Angela Merkel nicht hinter anderen Kabinettskollegen verstecken und denen ihr „vollstes Vertrauen“ aussprechen, was im Universum die klare Kündigung von Freundschaft und Posten bedeutet. Auch das Vorspielen des uninformierten Schäfchens kann ihr in der BND-Affäre nicht wieder gelingen, wie schon so oft vorher. Die Fakten sprechen eine klare Sprache, gegen Merkel.
Fest steht, daß die Amerikaner und ihr Geheimdienst NSA Deutschland nicht als befreundet ansehen und deshalb alles und jeden ausspionieren. Insofern stimmt die Aussage Merkels, daß „Ausspähen unter Freuden nicht geht“. Die USA sind nicht unsere Freunde, allenfalls unsere Partner. Und in dieser Partnerschaft denkt jeder zuerst an seine eigenen Interessen.
Zumindest machen das so die Amis. Die Deutschen sind selbst dazu nicht in der Lage. Stattdessen läßt sich der deutsche Bundesnachrichtendienst von der NSA Aufgaben diktieren und erfüllt diese offenbar äußerst gewissenhaft. Daß dabei auch Informationen von deutschen und europäischen Personen, Behörden und Unternehmen gesammelt wurden und an die Amis weitergegeben wurden, störte den BND nicht und auch das Kanzleramt nicht. Damit hat man ganz bewußt direkten Verrat von deutschen Interessen begangen.
Der damals zuständige Innenminister Thomas de Maizière wußte spätestens seit 2008 über die Machenschaften des BND Bescheid. Ebenso lange ist auch das Kanzleramt darüber informiert. Trotzdem unternahmen das Kanzleramt und die Kanzlerin nichts.
Als im Sommer 2013 die ersten Erkenntnisse über die weltweiten Spionagetätigkeiten der Amerikaner durch Edward Snowden bekannt wurden, müssen im Kanzleramt die Alarmglocken auf Daueralarm geschaltet haben. Mitten im Wahlkampf mußte diese Affäre mit allen Mitteln unter den Teppich gekehrt werden. Deshalb verwundert es im Nachhinein nicht, daß Merkel und die Bundesregierung Snowden meiden wie das Weihwasser. Unter keinen Umständen wollte man Edward Snowden im Untersuchungsausschuß des Bundestages in Deutschland aussagen lassen. Stattdessen täuschte man pragmatisches Vorgehen vor. Innenminister Friedrich reiste in die USA und wurde vor Ort wie ein Schuljunge abgekanzelt. Und Kanzleramtsminister Pofalla ließ von der NSA schriftlich bestätigen, daß man gar nicht böse sei. Daraufhin erklärte Pofalla die NSA-Affäre für beendet.
Das No-Spy-Abkommen war eine Lüge
Das war ein Trauerspiel besonderer Güte, das auch vielen Unions-Anhängern nicht schmeckte. Deshalb erklärte Angela Merkel, man werde schnellstmöglich ein No-Spy-Abkommen mit den Amerikanern vereinbaren. Die Amis würden sich darin verpflichten, in Zukunft besser darauf zu achten, wen und was sie ausspionieren. Die Spionagetätigkeiten gegen deutsche Behörden und Personen stellte Merkel als eine Art Versehen der NSA dar und so etwas würde in Zukunft unterbleiben. Dafür würde das No-Spy-Abkommen sorgen. Der Wahlkampf und ihre Wiederwahl waren gerettet.
Dabei wußte Merkel ganz genau, daß die Amerikaner zu keiner Zeit zugesagt hatten, ein solches Abkommen zu unterzeichnen, geschweige denn einzuhalten. Darüber hinaus verschwieg sie die Spionageaktivitäten des BND im Auftrag der NSA. Damit belog Angela Merkel ganz persönlich die Wähler und verriet deutsche Interessen.
Und sie lügt weiter. Ihre Zusage vom 11. Mai 2015 in Bremen: „Alle Materialien aus dem Kanzleramt, und zum Teil ist das ja noch im Prozeß, auch vom BND, werden diesem Untersuchungsausschuß zugeliefert, das ist für uns eine Selbstverständlichkeit“ erwies sich sehr schnell als Seifenblase. Schon ein paar Tage später verweigerte sie die Herausgabe der sogenannten Selektoren-Liste, mit deren Hilfe der BND in Deutschland und Europa für die NSA spionierte. Merkel unternimmt alles, damit eben keine Erkenntnisse an die Öffentlichkeit geraten.
Merkels Kanzlerschaft in Gefahr
Dies kann ihr nun zum Verhängnis werden, lebte sie doch immer vom Nimbus der Ehrlichkeit. Niemals konnte man ihr nachweisen, daß sie in die eigene Tasche arbeitete oder persönliche Vorteile aus politischen Entscheidungen zog. Immer war sie die Unantastbare. Andere machten Fehler und mußten dafür bezahlen, Merkel nicht. Dieses Image bekommt nun die ersten tiefen Kratzer. Die 25 Prozent aller Wahlberechtigten, die Merkel bei der letzten Wahl ihre Stimme gegeben haben, erkennen langsam aber sicher, daß auch Merkel nur eine Machtpolitikerin ist und auch vor Lügen nicht zurückschreckt, wenn es um das eigene Amt geht. Ihr Umkippen bei der PKW-Maut dürfte diesen Prozeß beschleunigen.
Damit verliert die Zauderin und Moderatorin Merkel, die selbst über keinerlei Visionen oder politischen Ziele verfügt, bei den Wählern einen großen Teil ihrer Anziehungskraft. Sollte sich das in der Union und vor allem in der Koalition herumsprechen, könnte das schneller das Ende ihrer Kanzlerschaft einläuten, als sich Merkel das vorstellen kann. Sollte die SPD auch nur die kleinste Chance aufs Kanzleramt wittern, wird sie Koalition mit der Union beenden. Das Ultimatum, das sie der Kanzlerin zur Veröffentlichung der Selektoren-Liste des BND gestellt hat, ist ein erster Hinweis darauf.
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