Telekom beerdigt Netzneutralität

Nur kurz nach dem Beschluß des EU-Parlaments legte die Telekom ihre Pläne für ein 2-Klassen-Internet vor.

Manchmal geht es sehr schnell und die Lobbyisten enttarnen selbst nach einem gelungene Coup. So konnte man Ende 2013 beobachten, wie Angela Merkel bei einem Treffen der 28 EU-Umweltminister in Luxemburg höchstpersönlich die über lange Zeit erarbeiteten, für die ganze EU geplanten Verschärfungen bei den Abgasnormen für PKW kippte. Einfach so, ohne ersichtlichen Grund brachte sie damit ganz Europa gegen Deutschland auf.
Wenige Tage später wußte man, warum Merkel sich so klimafeindlich verhalten hatte. BMW überwies eine Großspende von 690.000 Euro an die CDU. Dreister geht es kaum.

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Netzneutralität gekippt

Wer sich beim Thema Netzneutralität demnächst über üppige Parteispenden freuen darf, bleibt abzuwarten. Die Gewinner der Abstimmung im EU-Parlament in dieser Woche stehen dagegen bereits fest. Es sind die Internetprovider, die eigentlichen Herrscher über das Netz. Sie können demnächst Millionengewinne einfahren mit der Bevorzugung einzelner Datenpakete. Wer nicht zahlt, der bekommt seine Daten nur langsam geliefert.

Das befürchtete 2-Klassen-Internet hat am 27. Oktober 2105 seinen Anfang genommen, wird später einmal in den Bücher stehen. Und das nur, weil EU-Parlamentarier im besten Fall keine Ahnung von dem hatten, was sie da beschließen. Sie glaubten tatsächlich daran, daß sie für den Erhalt der Netzneutralität gestimmt haben. Daß die Ausnahmen im Kleingedruckten, dort wird das Bevorzugen von Spezialdiensten erlaubt, aber im Gegensatz für das Ende der Netzneutralität und damit für die Einführung des 2-Klassen-Internets sorgen werden, das haben sie nicht verstanden.
Im schlimmsten Fall wurden sie – wie auch immer – bei ihrer Entscheidungsfindung „unterstützt“.

Telekom prescht vor

Es dauerte nur ein Stunden bis Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges seine Visionen für das neue Internet der unterschiedlichen Geschwindigkeiten in die Welt blies. Die schlimmsten Befürchtungen der Netzaktivisten finden sich in diesem Pamphlet wieder.
So spricht Höttges davon, daß einige neuartige Dienste, wie Videokonferenzen, Online-Spiele, Telemedizin, automatisierte Verkehrssteuerung, selbststeuernde Autos und vernetzte Produktionsprozesse, das Netz enorm belasten würden, weil sie höhere Qualitätsanforderungen haben als das einfache Surfen oder die E-Mail.

Und weiter spricht Höttges davon, daß die Nutzer schon heute daran gewöhnt seien, für mehr Leistung auch mehr zahlen zu müssen, etwa bei mehr Speicherplatz für Mails oder Videos in HD statt SD. Dieses Prinzip soll künftig auch im Internet gelten.

So wird es eben auch die Möglichkeit geben, einen Dienst für ein paar Euro mehr in gesicherter Qualität zu buchen. Qualitätsdifferenzierung ist keineswegs eine Revolution im Netz, sondern die natürliche Weiterentwicklung.

Damit hat Höttges die Katze aus dem Sack gelassen und gezeigt, wie die Telekom den Beschluß des EU-Parlaments zur Netzneutralität für die eigenen Geschäfte nutzen will. Wer nicht zahlt, der muß damit rechnen, daß seine Daten nur noch in „ungesicherter Qualität“ durchs Netz gehen, sprich langsamer.

Politik hat versagt

Zumindest ehrlich ist Höttges, soviel muß man dem Telekom-Vorstandschef zugestehen. Er zeigt klar auf, wie er mit einem zukünftigen 2-Klassen-Internet Profite machen will. Als Chef eines privaten Unternehmens erwartet man da auch von ihm. Er nutzt das, was die Politik ermöglicht.

EU-Kommissar Oettinger, zuständig u.a. für das Internet, hat dagegen bis heute nicht verstanden, oder will es nicht verstehen, was er da verzapft hat. Noch immer träumt er davon, der Garant für die Netzneutralität zu sein. So twittert er noch, als die Auslassungen von Höttges schon längst die Runde machten, dies:

So viel Dummheit Unvermögen muß doch schon weh tun.

Die Politik hat wieder einmal versagt. Das Internet und seine Bedeutung für die Gesellschaft, die Wirtschaft und nicht zuletzt junge StartUps ist für sie noch immer Neuland. Der Schaden, den sie damit uns allen zufügen, wird immens sein.

 

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