Koalitionspoker in Berlin

Die Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika Koalition ziehen sich hin.

Deutschland geht es gut, obwohl oder gerade weil wir bereits seit mehreren Wochen und Monaten keine funktionierende Regierung mehr haben. Was davon eher zutrifft, kann jeder für sich selbst festlegen. Fakt bleibt es jedoch, daß unser Land führungslos vor sich hin treibt.

Land ohne Führung

Erst befand man sich im Wahlkampfmodus, was die SPD am Ende der GroKo sogar dazu verleitete, ebendiese Koalition praktisch aufzukündigen und zusammen mit Grünen und der Linken die Ehe für alle gegen die Union durchzusetzen. Dann wartete man nach dem für die meisten Parteien ernüchternden Ergebnis der Bundestagswahl mit der Aufarbeitung des Wahlergebnisses bis zur Landtagswahl in Niedersachsen, um im Norden nicht auch noch die letzten Wähler unnötig zu verschrecken. Und nun beharken sich Union, FDP und Grüne in den Sondierungsgesprächen für eine Koalition, deren Partner normalerweise nicht zusammengehören und niemals zusammen kommen würden, hätte der Wähler in der Bundestags nicht ein derartiges Wort gesprochen.

Die Regierungsgeschäfte ruhen deshalb seit Monaten weitgehend, und keiner merkt etwas davon. Kein wirklich gutes Zeichen.

Jamaika

Ob diese Jamaika Koalition aus CDU, CSU,FDP und Grünen am Ende tatsächlich kommt und die nächste Bundesregierung stellt, darauf kann man sicherlich prima Wetten abschließen. Wer auf den Erfolg der Verhandlungen setzt, der dürfte eine ebenso hohe Quote erzielen wie beim Jackpot eines online Slots, denn im Moment sieht alles nach einem Scheitern aus.

Zwar sind die FDP und Grünen bereits etwas von ihren Maximalforderungen abgewichen und suchen den Kompromiss, doch die Verhandlungsführer von CDU und CSU beharren weitgehend auf ihren Forderungen und sind zu keinerlei Entgegenkommen bereit. So ist die Situation derzeit mehr als verfahren und die Zeit drängt. Bereits in dieser Woche sollen die Sondierungsgespräche enden. Was dann kommt, weiß bislang niemand.

Einzig die Kanzlerin wird alles tun, dass die Jamaika Koalition zustande kommt. Dafür wird sie auch bereit sein, weitere rote Linien der Union zu reißen. Denn nur mit Jamaika hat Merkel eine Option auch weiterhin Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben. Sollten die Sondierungsgespräche oder später die Koalitionsverhandlungen, so diese denn überhaupt zustande kommen, scheitern, dann würde unweigerlich die Neuwahl ins Haus stehen.

Denn die SPD wird sich garantiert auf keine neue große Koalition mehr einlassen. Zumindest nicht solange Martin Schulz noch SPD-Vorsitzender ist. Sollten die Genossen doch noch ihren Kanzlerkandidaten stürzen, was zumindest nicht unwahrscheinlich ist, dann wäre eine erneute GroKo durchaus realistisch. SPD-Bundestagsfraktionsführerin Nahles und andere in der SPD würden sich auf solch ein Himmelfahrtskommando sicherlich einlassen. Hauptsache Regierungsbeteiligung, Opposition ist Mist, das wusste schon Franz Müntefering.

Angela Merkel

Das bedeutet: Für die Kanzlerin geht es um alles. Entweder Jamaika oder Neuwahl, und damit das Ende der Kanzlerin Angela Merkel.

Ob die Union bei einer Neuwahl wieder mit Angela Merkel als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen würden, ist mehr als fraglich. Auch Horst Seehofer könnte sich den Wahlkampf dann garantiert aus sicherer Entfernung ansehen, denn er wäre weg vom Fenster.

Merkel fürchtet deshalb nichts mehr als eine Neuwahl. Die Sitzverteilung im dann neu gewählten Bundestag wäre eine andere als nach der Wahl im September. Und nichts spricht dafür, dass die Union an Stimmen und Sitzen im Parlament zulegen würde. Das historisch schlechte Abschneiden in Niedersachsen war ein deutlicher Hinweis darauf, wohin die Reise für die Union gehen würde.

Eine weitere Kanzlerschaft von Angela Merkel wäre mit Neuwahlen unmöglich. Deshalb wird Merkel alles daran setzen, dass die Jamaika Koalition doch noch zustande kommt. Koste es was es wolle. Viel Zeit bleibt ihr allerdings nicht mehr im Koalitionspoker in Berlin.