Hessenwahl: Schicksalstag einer Kanzlerin
Heute wählen die Hessen einen neuen Landtag, doch das ist nur ein Nebenschauplatz. Denn die Auswirkungen werden bis zur Groko in Berlin zu spüren sein.
Heute ist der 28. Oktober, nach dem Kalender der Katholiken ist das der Namenstag für Alfred, Georg und Simon. Es ist jedoch davon auszugehen, dasd er heute 20.10. den Zusatz St. Angela bekommen wird. Denn heute ist der Schicksalstag der Kanzlerin Angela Merkel.
Hessenwahl
Eigentlich geht es heute wie gesagt um das Bundesland Hessen. Rund 4,4 Millionen Wähler sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben und so über die Zusammensetzung des neuen hessischen Landtags in Wiesbaden zu bestimmen.
Die jetzige schwarz-grüne Koalition unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und seinem Stellvertreter Tarek Al-Wazir (Grüne9 kämpft darum, wieder das Mandat für eine Regierungsbildung zu erhalten. Glaubt man den Vorhersagen der Wahlforschungsinstitute, dann kann sich vor allem Bouffier genau das abschminken. Vielmehr sieht es so aus, das die CDU regelrecht abgestraft wird. Nur noch rund 28 Prozent werden den Christdemokraten vorhergesagt, das würde einem Stimmenverlust von satten 10 Prozent gegenüber der Wahl von 2013 entsprechen.
Die Grünen können sich dagegen auf neuen Grund zum Jubeln einstellen. Ihnen wird ein Ergebnis von 20 Prozent in Aussicht gestellt, das würde einen Zuwachs von knapp 10 Prozent bedeuten.
Die SPD darf sich auf ein weiteres Waterloo freuen. Von 30,7 Prozent bei der letzten Wahl im Jahr 2013 geht es für die Sozialdemokraten unter Spitzenkandidat Thomas Schäfer-Gümbel auf nur noch 20 Prozent runter. Die FDP erreicht heute wahrscheinlich rund 8 Prozent der Wählerstimmen und ist damit weiterhin sicher im Landtag vertreten, ebenso wie die Linke, die auch auf rund 8 Prozent kommen wird.
Die Rechtspopulisten von der AfD werden mit vorhergesagten 12 Prozent ebenfalls im neuen hessischen Landtag vertreten sein. Damit haben sie dann – nachdem sie gestern in Oldenburg noch in ihre Schranken verwiesen wurden – den Einzug in alle 16 deutschen Landesparlamente geschafft. 2013 war die AfD in Hessen mit nur 4,1 Prozent noch krachend gescheitert.
Mögliche Koalitionen
Für eine Neuauflage von Schwarz-Grün dürfte es trotz der Stimmenzuwächse für die Grünen nicht mehr reichen. Ohne eine dritten Partner wird eine Regierungsbildung wohl schwierig bis unmöglich. Denkbar ist dabei zum jetzigen Stand nur eine Koalition aus CDU, Grüne und FDP, die sogenannte Jamaika-Koalition. Für eine Groko aus CDU und SPD wird es rein rechnerisch wohl ebenso wenig reichen wie für eine Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP oder einer Rot-Rot-Grünen Koalition.
Da FDP Chef Lindner bereits im Vorfeld der Wahl sein Okay zu einer möglichen Jamaika-Koalition gegeben hat, ist der Ausgang der Wahl auf die künftige Regierung in Hessen also gar nicht so spannend, wie allerseits behauptet wird.
Auswirkungen auf die Groko in Berlin
Viel spannender sind die Auswirkungen, die die heutige Landtagswahl in Hessen auf die Politik im fernen Berlin hat. Hier zittert Angela Merkel ebenso um ihre Macht wie SPD-Chefin Nahles.
Angela Merkel
Wird die Hessen mit einem ähnlichen Desaster enden wie die Bayern-Wahl vor 14 Tagen, und danach sieht alles aus, dann könnte es wahrscheinlich zum Palaststurm innerhalb der CDU-Führung kommen. Mögliche Nachfolger innerhalb der Christdemokraten scharren bereits seit Monaten immer hörbarer mit den Hufen und wollen nach der Macht greifen. Nach nunmehr knapp 13 Jahren Kanzlerschaft und über 18 Jahren als CDU-Chefin wollen diese Emporkömmlinge lieber heute als morgen selbst an die Tröge der Macht und schrecken dabei auch nicht mehr davor zurück, die eigene Kanzlerin dafür zu opfern.
Viel hängt deshalb heute für Angela Merkel und ihre politische Zukunft ab, wie schlecht die CDU in Hessen wirklich abschneidet und wer für das zu erwartende Desaster die Schuld in die Schuhe geschoben bekommt. Sollte es Bouffier gelingen, die schwarz-grüne Koalition weiterführen zu können, dann bekommt Merkel noch einmal den Kopf aus der Schlinge. Gelingt dies nicht, dann ist heute St. Angela – der Schicksalstag der Kanzlerin.
Andrea Nahles
Ebenso wie Merkel zittert heute noch eine Parteivorsitzende. Andrea Maria Nahles, von Haus aus katholisch, dürfte sich mit Namens- und Schicksalstagen auskennen. Ganz besonders heute dürfte ihr dieses Wissen von Nutzen sein, denn auch ihr Schicksal dürfte vom Ergebnis in Hessen abhängen. Wurden die Sozialdemokraten bereits bei der Wahl in Bayern praktisch pulverisiert, als mit insgesamt 9,5 Prozent der Wählerstimmen am Ende weniger Zustimmung hatten als sie gegenüber der letzten Wahl in 2013 verloren hatten, so dürfte sich dieser Erdrutsch heute fortsetzen. Auch in Wiesbaden erwartet die SPD ein drastischer Wählerverlust. Zwar nicht ganz so schlimm wie in Bayern, trotzdem könnten die Sozialdemokraten mit knapp 20 Prozent nur noch dritte Kraft in Hessen werden. Wenn man bedenkt, dass Hessen Jahrzehnte lang von der SPD regiert wurde und deshalb eine der Hochburgen ist, dann ist das ein vernichtendes Ergebnis.
Von der Erneuerung der SPD in der Regierung in Berlin ist nichts übriggeblieben. Stattdessen wird es immer dramatischer für die SPD. Nicht wenige sprechen bereits vom Überlebenskampf der Sozis und machen die Schuldigen dafür im Willy-Brandt-Haus in Berlin aus, der Parteizentrale der SPD. Viele Parteigenossen sind verärgert und unzufrieden, wie um die Partei mit über 150-jähriger Geschichte derzeit bestellt ist.Die Verantwortung dafür trägt zuallererst Nahles. Sie wollte eine Neuauflage der Groko und sie muss dafür nun die Konsequenzen tragen. Es kann also gut sein, Nahles nach nur einem Jahr ihren Posten als SPD-Chefin wieder abgeben muss.
Groko
Sollten Merkel und Nahles oder auch nur einer von ihnen tatsächlich ihren Posten verlieren, dann dürfte es auch der Groko an den Kragen gehen. Viele Kritiker in und außerhalb der SPD sehen in der Groko den Hauptgrund für das immer schlechtere Abschneiden der Sozialdemokraten bei Wahlen. Deshalb gibt es auch Sicht der SPD überhaupt keinen Grund diese Koalition im Bund fortzusetzen. Andere Optionen als die SPD hat die Union aus CDU und CSU allerdings nicht für eine Regierungsbildung. Die FDP will und wird sich nicht auf eine Koalition unter Merkel einlassen und steht Grünen im Bund auch eher skeptisch gegenüber. Deshalb dürfte es nach dem, Scheitern der Groko praktisch ganz automatisch zu Neuwahlen kommen.
Fazit
Die heutige Landtagswahl in Hessen ist wirklich sehr spannend, weniger was das Ergebnis für die künftige Regierung in Wiesbaden betrifft, als vielmehr, was die Auswirkungen auf den Bund betrifft. Volker Bouffier wird wohl auch weiterhin Ministerpräsident von Hessen bleiben können, diesmal als Chef einer Koalition aus CDU, Grüne und FDP.
In Berlin dagegen dürften die Wellen höher schlagen. Dort müssen Merkel und Nahles um ihre Posten zittern. Und das dürfte sich unmittelbar auf das Überleben der derzeitigen großen Koalition aus CDU, CSU und SPD auswirken. Neuwahlen für den Bundestag stehen dann ins Haus.
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