Warum das Retourenvernichtungsverbot nichts bringen wird.
Die Vernichtung von retournierter Ware im Online-Handel ist gutes Anliegen, die Wirkung für die Umwelt ist jedoch gering.
Da hat Katrin Göring-Eckhardt von den Grünen vermeintlich alles richtig gemacht. Sie prangert Amazon für die Praxis der Retourenvernichtung an und hofft auf Beifall. Amazon, das vermeintlich Böse schlechthin, für diesen Umweltfrevel anzugehen, da kann eigentlich nichts schief gehen, sollte man annehmen. Leider nicht in diesem Fall.
Die Grünen machen ja vieles richtig. Die Wahlergebnisse und aktuelle Umfragen geben der Partei Recht. Umweltschutz ist das Thema, und da müssen gerade die Grünen gar keinen Aktionismus an den Tag legen, um auf diesen Zug noch irgendwie aufzuspringen, so wie andere Parteien. Umweltschutz ist geradezu die DNA der Grünen. Bei anderen Themen sind die Grünen – nicht erst seit der rot-grünen Koalition unter Kanzler Schröder – sehr bürgerlich und konservativ geworden, beim Schutz der Umwelt und des Klimas sind sich die Grünen jedoch immer treu geblieben. Für diese Haltung fahren sie verdientermaßen nun die Ernte ein.
Retouren im Online-Handel
Beim Thema Retourenvernichtung hat sich Grünen Politikerin Göring-Eckhardt allerdings etwas verhoben. Natürlich ist es nicht nur ethisch ein Problem, Waren und Produkte, die von den Kunden wieder zurückgesendet werden, das Fernabsatzgesetz erlaubt dies ja ganz bewusst, einfach so zu vernichten, statt diese Produkte aufzuarbeiten und wieder dem Verkauf zuzuführen.
Für Online Händler wie Amazon & Co. spielen dabei vor allem wirtschaftliche Aspekte die entscheidende Rolle. Oftmals ist es schlicht billiger, die Waren zu vernichten, als diese zu prüfen, neu zu verpacken, einzulagern und dann wahrscheinlich nur zu einem viel günstigerem Preis wieder zum Verkauf anzubieten. Der Aufwand dafür ist mit durchschnittlichen Retourenkosten von 11,24 Euro rein finanziell betrachtet viel zu hoch. Das übersteigt häufig den Wert der retournierten Ware, und die Globalisierung macht es möglich, dass es wirtschaftlicher für den Händler ist, einfach irgendwo in der Welt billigen Ersatz zu beschaffen.
Das kann man und sollte man anprangern. Ein richtig großes Problem, rein von der Menge her betrachtet, ist die Vernichtung von retournierter Ware im Online-Handel allerdings nicht. Nur knapp 4 Prozent der Retouren werden tatsächlich vernichtet, und darin sind defekte oder verschmutzte und somit unverkäufliche Dinge bereits enthalten. Das hat die Uni Bamberg erst jüngst herausgefunden. Die allermeisten zurückgeschickten Waren werden demnach weiterverkauft.
Wichtigere Punkte
Man kann nun trotzdem ein generelles Verbot der Retourenvernichtung fordern, ein großen Effekt wird dies jedoch nicht haben. Da gibt es andere Baustellen, die man dringender bearbeiten sollte.
Da wäre weit oben auf der Agenda das Stichwort geplante Obsoleszenz zu nennen. Darunter versteht man Waren, vornehmlich günstige Elektrokleingeräte, die nach einer kurzen Lebensdauer ganz plötzlich den weiteren Dienst versagen, meist kurz nach Ablauf der Garantie oder der gesetzlichen Gewährleistungsfrist. Viele Hersteller sind zudem dazu übergegangen, bei defekten Geräten gar nicht mehr zu versuchen, diese zu reparieren. Statt dessen erhalten die Händler sofort ein neues Gerät zum Austausch beim Kunden. Das defekte Gerät soll dann vom Händler direkt entsorgt werden.
Hier könnte man mit entsprechenden Regelungen dafür sorgen, dass die Geräte entweder länger halten oder zumindest einfacher zu reparieren sind. Das würde die Umwelt direkt und spürbar entlasten.
Auch die Retouren an sich sind ein großes Problem, sowohl für die Umwelt als auch für die Online Händler selbst. Amazon und Co. versuchen bereits mit einigen Aktionen die Rücksendequote spürbar zu senken. Doch vor allem im Bereich Kleidung sind die Rücksendequoten immer noch astronomisch hoch. Laut einer Studie des EHI Instituts gehen beispielsweise jedes zweite bestellte Sweatshirt oder Paar Schuhe an den Onlinehändler zurück. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der dringend geändert werden muss.
Mögliche Lösungsansätze für dieses Problem wären beispielsweise die Einführung von wirklich genormten Kleidergrößen, auf die sich die Kunden auch verlassen können. Dazu zählt auch die Einführung von verbindlichen Rücksendekosten für alle Händler. Der Marketingvorteil des kostenlosen Rückversands wäre damit weg und die Kunden, sparsam bzw. geizig wie sie sind, würden sich garantiert intensiver überlegen, was sie bestellen und was sie davon wieder zurücksenden.
Es gäbe garantiert noch viele andere Mittel und Wege, den Online Handel, auf den niemand mehr verzichten will und soll, umweltverträglicher zu machen. Plakative Forderungen, wie die des Verbots der Retourenvernichtung helfen da nicht wirklich weiter. Und die Grünen haben solche Spielereien auch nicht wirklich nötig.
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