Das Ende der FDP.
Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ist der Sargnagel für die FDP.
Nach einer Wahl sind immer viele theoretische Varianten möglich. Wohlgemerkt theoretisch. Niemals würde es wohl eine Regierungskoalition aus CDU und Linke geben, obwohl das in einigen Bundesländern nach einer Wahl rein rechnerisch möglich wäre.
Und man kann auch nach ein oder zwei Flaschen Rotwein über den Durst auf die abstruse Idee kommen, sich als 5 Prozent Partei zur Wahl des Ministerpräsidenten zu stellen und dann mit Hilfe – von wem auch immer – in dieses Amt gewählt zu werden. Rein theoretisch ist so etwas möglich. Doch als echter Demokrat lacht man kurz über die eigenen Gedankenspiele oder erschrickt vielleicht auch darüber, steht dann aber zu seiner demokratischen Verantwortung gegenüber der eigenen Partei und vor allem den eigenen Wählern, und lässt sich nicht auf solche theoretisch möglichen Spielchen ein, weil sie am Ende der eigenen Person, der Partei und der Demokratie insgesamt schaden.
FDP in Thüringen
Die FDP in Thüringen war zu dieser Einsicht nicht fähig. Thomas Kemmerich, Landesvorsitzender der FDP Thüringen und Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag des Freistaat Thüringen, hat die theoretische Möglichkeit, sich mit Hilfe der Stimmen der CDU und der Thüringer AfD im 3. Wahlgang zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen, eiskalt in die Praxis umgesetzt. Diese Wahl Kemmerichs war kein Ausrutscher, kein Unfall und keine Überraschung. Dies wurde im Vorfeld der MP-Wahl gedanklich durchgespielt, geplant und dann knallhart durchgezogen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Aus reiner Machtgier.
Ausgerechnet in Thüringen wurde so mit Hilfe der AfD ein Ministerpräsident ins Amt gehievt. Ausgerechnet hier, wo schon einmal ein ähnliches Schauspiel über die Bühne ging. Damals kam so der erste Minister der NSDAP in ein Amt.
Und die Thüringer AfD ist zudem nicht irgendein Landesverband der Rechtspopulisten. Hier wird sie angeführt von Björn Höcke, der laut Gerichtsbeschluss als Faschist bezeichnet werden darf und der den äußerst rechten Flügel innerhalb der AfD anführt. Selbst Auswüchse wie eine „Höcke Jugend“ sind hier möglich.
Als das wusste Kemmerich vor der Wahl, und hat sich trotzdem zur Wahl gestellt und die Wahl mit Hilfe der AfD-Stimmen angenommen. Ein politisches Erdbeben sondergelichen.
Das abgekartete Spiel
Der FDP Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner war über dieses dreckige Spiel im Vorfeld informiert. Er riet zwar Kemmerich von dem Plan ab, hat seine Partei aber offensichtlich nicht mehr richtig im Griff, wenn sich die Thüringer FDP über das Votum des Bundesvorsitzenden einfach hinweg setzt und sich andere Stimmen in der FDP, wie bspw. Kubicki erfreut über die Wahl von Kemmerich zeigen.
Für die FDP dürfte dieser – im Vorfeld unvorstellbare – Vorgang der letzte Sargnagel sein. Schon nach der Absage der möglichen Jamaika-Koalition im Bund, die Lindner mit den Worten „Besser nicht regieren, als falsch regieren“ plötzlich und unerwartet beendete, ging es mit dem Ansehen der Freidemokraten rapide bergab. Der kurze Aufwind, den Lindner seiner Partei mit einer geschickten Kampagne im Bundestagswahlkampf bescherte, war nur noch ein laues Lüftchen. In den nachfolgenden Landtagswahlen hatte die FDP mehr denn je zu kämpfen, um überhaupt noch den Einzug in die jeweiligen Parlamente zu schaffen.
So auch bei der Wahl in Thüringen im Oktober 2019. Hier war lange Zeit gar nicht klar, dass die FDP überhaupt im neuen Thüringer Landtag vertreten sein wird. Ganze 78 Stimmen sorgten am Ende dafür, dass die Liberalen 5 Sitze bekamen. Die FDP wäre also gut beraten gewesen, weiterhin kleine Brötchen zu backen und zu versuchen das Image der Nein-Sager-Partei wieder loszuwerden.
Doch die FDP in Thüringen um Herr Kemmerich wollte unbedingt an die Macht, wenn es sein muss auch mit den Stimmen der AfD. Wie kurz das gedacht war, zeigt die Situation nach der Wahl. Kemmerich hat nur 5 Sitze im Landtag, das reicht nicht einmal, um alle Ministerposten zu besetzen. Kemmerich hat kein Regierungsprogramm, keine Koalition und kein Regierungsprogramm. Er hat sich völlig blind in die Wahl und ins Amt des Ministerpräsidenten gestürzt.
Seine abstruse Idee einer Koalition aus FDP, CDU, SPD und Grüne krankt schon daran, dass selbst wenn alle diese Parteien bei einer solchen Regierungskoalition mitmachen würden, was SPD und Grüne immer ausgeschlossen haben, diese nicht über eine Mehrheit im Thüringer Landtag verfügen würde. Eine solche Koalition würde nicht ein einziges Gesetz durch den Landtag bringen, weil auch diese vier Parteien zusammen schlicht über keine Mehrheit verfügen. Und die Linke würde sich nicht zum Mehrheitsbeschaffer machen lassen.
Kemmerich war deshalb von Anfang an klar, dass er Mehrheiten nur mit der AfD erreichen kann und ist auf dieses Spiel eingegangen.
Lindner muss sofort eingreifen
FDP-Parteichef Lindner muss nun sofort handeln. Sein halbherziges Statement vom Vortag, in dem er die ganze Schuld an diesem Desaster der Thüringer FDP zuschieben wollte, wird die Partei nicht retten. Jetzt helfen nur noch drastische Schritte. Entweder Kemmerich reicht sofort seinen Rücktritt ein, weil sich ein demokratischer Politiker niemals mit Stimmen der AfD in ein Amt wählen lässt. Oder die Bundespartei schließt den Thüringer Landesverband aus der FDP aus.
Einen anderen Ausweg gibt es für die FDP nicht.
Das Ende der FDP
Denn mit dem gestrigen Trauerspiel in Thüringen ist nun jedem Wähler in ganz Deutschland klar: Wer sein Kreuz bei der FDP macht, unterstützt am Ende die AfD. Wer gelb wählt, bekommt braun!
Das dürfte für die FDP das endgültige Ende bedeuten. Die zahlreichen spontanen Demos, die gestern Abend nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen bundesweit stattgefunden haben, sind dafür ein starkes Statement der Wähler.
Die am 23. Februar 2020 stattfindende Wahl in Hamburg kann die FDP bereits heute abschreiben, zumal einige FDP Vertreter in Hamburg die Wahl von Kemmerich immer noch öffentlich begrüßen.
Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen war eine Zäsur für die Demokratie in ganz Deutschland. Für die FDP könnte sie das Ende bedeuten.
Anzeige
- Schockwellen: Letzte Chance für sichere Energien und Frieden
- Produktart: ABIS_BOOK
- Farbe: White
- Kemfert, Claudia (Autor)
[Letzte Aktualisierung am 2024-11-19 at 01:38 / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]
Pingback: Die Lehren aus Thüringen und Hanau. | Informelles.de