Alkohol erlaubt, Cannabis verboten: Die Doppelmoral der deutschen Drogenpolitik
Alkohol ist eine Droge – gefährlicher als andere Substanzen. Dennoch wird er gesellschaftlich akzeptiert, während Cannabis verteufelt und kriminalisiert wird.
In der öffentlichen Debatte in Deutschland wird Alkohol oft als „Gesellschaftsdroge“ verharmlost, während andere Substanzen wie Cannabis oder Kokain als „illegale Drogen“ kategorisiert und moralisch stigmatisiert werden. Dabei ist Alkohol zweifellos eine Droge – eine, die erwiesenermaßen gefährlicher sein kann als viele Substanzen, die im Betäubungsmittelgesetz verboten sind.
Doch warum hält sich diese Doppelmoral in Politik und Medien so hartnäckig, und welche Konsequenzen hat das für die deutsche Drogenpolitik?
Das Privileg des Alkohols in der deutschen Kultur
Alkohol hat eine tief verwurzelte Tradition in der deutschen Gesellschaft. Ob Bier beim Oktoberfest, der Wein zum Abendessen oder der Schnaps nach einem üppigen Mahl – Alkohol ist fest in die kulturellen Praktiken und Rituale integriert. Diese Normalisierung führt dazu, dass Alkohol als etwas anderes wahrgenommen wird als Substanzen wie Cannabis, Kokain, Heroin und andere Substanzen, die gesellschaftlich als „abweichend“ oder „subkulturell“ stigmatisiert werden.
Die Medien und politische Akteure tragen erheblich zu diesem verzerrten Bild bei. Während Alkoholwerbung in der Prime-Time läuft, werden Cannabisbefürworter in Talkshows oft in die Rolle der „Drogenverharmloser“ gedrängt. Dabei ignoriert man regelmäßig, dass Alkohol eine der Hauptursachen für soziale und gesundheitliche Probleme in Deutschland ist – von häuslicher Gewalt über Verkehrstote bis hin zu schwerwiegenden chronischen Erkrankungen wie Leberzirrhose.
Die Gefahr von Alkohol im Vergleich zu anderen Drogen
Zahlreiche Studien, darunter die bahnbrechende Untersuchung des britischen Wissenschaftlers David Nutt, haben gezeigt, dass Alkohol sowohl für den Konsumenten als auch für die Gesellschaft insgesamt deutlich schädlicher ist als viele andere Drogen, einschließlich Cannabis. Alkohol fördert riskantes Verhalten, erhöht die Aggressionsbereitschaft und ist stark abhängig machend. Cannabis hingegen birgt ein vergleichsweise geringeres Suchtpotenzial und hat in der Regel keine derart destruktiven sozialen Folgen.
Trotzdem wird Alkohol durch rechtliche Privilegien und gesellschaftliche Akzeptanz begünstigt, während Cannabiskonsumenten kriminalisiert werden. Diese Diskrepanz hat keine wissenschaftliche Basis, sondern ist das Resultat kultureller und politischer Machtstrukturen.
Warum wird Cannabis verteufelt?
Die Verteufelung von Cannabis hat historische und ideologische Wurzeln. In den 1920er Jahren begann die globale Kriminalisierung von Cannabis unter dem Einfluss rassistischer und wirtschaftlicher Interessen. In Deutschland wurde diese Haltung später durch den Kalten Krieg und konservative Narrative verstärkt. Die CDU hat sich besonders in den letzten Jahrzehnten als Hüterin einer restriktiven Drogenpolitik inszeniert, die mit simplen Schlagwörtern wie „Einstiegsdroge“ oder „Drogenmissbrauch“ Stimmung gegen die Legalisierung von Cannabis macht.
Friedrich Merz, als Vorsitzender der CDU, vertritt eine rückwärtsgewandte Haltung, die wenig Raum für wissenschaftlich fundierte Ansätze lässt. Die teilweise Legalisierung von Cannabis, die unter der gerade von der FDP gesprengten Ampel-Regierung erfolgt ist, will Merz wieder rückgängig machen.
Für ihn und seine Partei bleibt das Verbot von Cannabis ein Symbol für Ordnung und Kontrolle – ein Kontrast zur vermeintlichen „Laissez-faire“-Mentalität der Legalisierungsbefürworter. Dabei wird übersehen, dass gerade das Verbot eine unkontrollierte Schattenwirtschaft befördert und jugendliche Konsumenten schlechter schützt, als es eine regulierte Abgabe könnte.
Die Konsequenzen einer verfehlten Drogenpolitik
Die deutsche Drogenpolitik ist aufgrund dieser ideologischen Verzerrung nicht nur ineffektiv, sondern kontraproduktiv. Anstatt eine differenzierte Drogenpolitik zu fördern, die auf Prävention, Schadensminderung und Entkriminalisierung setzt, soll weiterhin auf Repression und Stigmatisierung gesetzt. Dies hat weitreichende Folgen:
- Überlastete Justiz: Die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten bindet Ressourcen, die besser in die Bekämpfung von Schwerkriminalität investiert werden könnten.
- Fehlende Prävention: Präventive Aufklärungskampagnen bleiben auf Alkohol beschränkt oder marginalisieren die Realität des Cannabiskonsums.
- Gefährdung Jugendlicher: Ein unregulierter Schwarzmarkt erschwert den Jugendschutz und führt oft zu verunreinigten Substanzen.
- Gesellschaftliche Kosten: Alkoholbedingte Schäden kosten den deutschen Staat jährlich Milliarden, während die potenziellen Steuer-Einnahmen aus einer Cannabislegalisierung ungenutzt bleiben.
Ein Blick in die Zukunft: CDU unter Merz
Mit Friedrich Merz an der Spitze der CDU ist nicht zu erwarten, dass sich die deutsche Drogenpolitik in absehbarer Zeit weiter zum Besseren ändert. Merz hat mehrfach bekräftigt, dass er der Legalisierung von Cannabis ablehnend gegenübersteht. Unter seiner Führung wird die CDU vermutlich weiterhin auf eine konservative Politik setzen, die den Status quo zementiert: Alkohol bleibt die akzeptierte Droge der Mitte, während andere Substanzen kriminalisiert werden.
Da kann sich Merz auch auf seinen Unions-Kollegen Söder in Bayern verlassen. Gerade in Bayern gehört Alkohol und dabei besonders Bier vermeintlich zu den alltäglichen Lebensmitteln. Cannabis wird von der CSU hingegen geradezu verteufelt.
Doch diese Haltung ignoriert nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch die gesellschaftliche Realität. Eine Generation junger Menschen hinterfragt zunehmend die Ungleichbehandlung von Drogen und fordert eine Modernisierung der Drogenpolitik. Die Frage bleibt, wie lange eine konservative Drogenpolitik, die auf Ignoranz und moralischen Urteilen basiert, noch Bestand haben kann.
Fazit: Eine neue Ehrlichkeit ist nötig
Die Debatte um Alkohol und andere Drogen in Deutschland braucht mehr Ehrlichkeit. Alkohol ist keine „harmlosere“ Droge, sondern eine, die enormen Schaden anrichtet. Eine verantwortungsvolle Drogenpolitik sollte sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und realen gesellschaftlichen Bedürfnissen orientieren – und nicht an ideologischen Vorstellungen oder kulturellen Tabus.
Es ist Zeit, das Privileg von Alkohol zu hinterfragen und eine sachliche Diskussion über den Umgang mit allen psychoaktiven Substanzen zu führen. Nur so kann eine moderne und gerechte Drogenpolitik entstehen, die Prävention, Schutz und die Entstigmatisierung von Konsumenten in den Vordergrund stellt.
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- Staud, Toralf (Autor)
[Letzte Aktualisierung am 2024-11-22 at 00:41 / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]